Die Arolsen Archives sind kein klassisches Archiv. Die Dokumente, die wir bei uns verwahren, sind seit Jahrzehnten wichtige Arbeitsmittel, um Schicksale zu klären, NS-Opfer und ihre Familien zusammenzuführen oder früher auch Ansprüche auf Entschädigungszahlungen zu dokumentieren. Deshalb hat es bei uns eine lange Tradition Informationen zusammenzutragen – auch in Form von digitalen Kopien. Durch neue Kooperationen wächst unser Online-Archiv stetig weiter.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs gelangten Millionen von Dokumenten mit Informationen über NS-Verfolgte nach Arolsen. Sie waren der Schlüssel, um Auskünfte über die von den Nationalsozialisten ermordeten Menschen geben zu können und Spuren zu den Überlebenden zu finden. Nach Ende des Kalten Krieges kam es zu einer neuen Welle des sogenannten Dokumentenerwerbs. Hintergrund war, dass es bei vielen Anfragen zu und von NS-Verfolgten aus Ostmittel- und Osteuropa keine Hinweise in unserem Archiv gab. Daher reisten Teams von Mitarbeitenden durch die Bundesrepublik und Europa, organisierten die Übernahme von Originalbeständen oder kopierten und verfilmten wichtige Dokumentensammlungen, zum Beispiel die bis dahin nicht zugänglichen Sterbebücher aus Auschwitz in Moskau. Sie waren 1945 von der Roten Armee beschlagnahmt worden und über Jahrzehnte nicht zugänglich.
Immer wieder neue Kooperationen
Die Idee, an einer zentralen Stelle möglichst viele Informationen über NS-Verfolgte zu sammeln und bereitzustellen, hat durch unsere Digitalisierungsstrategie und unser Online-Archiv in den letzten Jahren einen weiteren Schub bekommen. Partner-Institutionen zeigen Interesse an Kooperationsprojekten, um Sammlungen zu digitalisieren und in unserer Datenbank einfach nutzbar zu veröffentlichen. Durch solche Kooperationen mit Archiven, Gedenkstätten und anderen Institutionen wächst unser Online-Archiv, unser digitales Denkmal für NS-Opfer, stetig weiter.
Kindersuchakten kommen zurück nach Bad Arolsen
Derzeit kehren beispielsweise rund 1.300 Kindersuchakten über eine Kooperation mit den Central Zionist Archives in Jerusalem auf digitalem Weg zurück nach Bad Arolsen. Die Akten erzählen die Geschichten unbegleiteter, jüdischer Kinder. Sie wurden vom damaligen Kindersuchdienst in Arolsen erstellt und bei der Emigration den Hilfsorganisationen vor Ort ausgehändigt. Die Arolsen Archives finanzieren nun die Digitalisierung vor Ort in Israel. Nach der Indizierung und dem Scannen der Akten werden sie digital die Informationen der bereits 1,1 Millionen Dokumente des Kindersuchdienstes in unserem Archiv ergänzen. Die Central Zionist Archives erhalten die Metadaten ebenfalls für die eigene Datenbank und Nutzung.
Zusammenarbeit hilft bei der Digitalisierung
Im Rahmen von Kooperationen sind wir auch selbst vor Ort und unterstützen beim Scannen und Indizieren. In anderen Fällen holen wir die Originale zu uns, digitalisieren sie in Bad Arolsen und geben sie im Anschluss wieder zurück. So geschehen u.a. bei der sogenannten Judenkartei aus dem Stadtarchiv Brilon. In Ausnahmefällen, etwa bei privaten Sammlungen, nehmen wir auch neue Originale auf, um sie für die Nachwelt zu bewahren. Ziel aller Kooperationen ist es, eine Datenbank zu erschaffen, die zentral immer mehr Dokumente zu NS-Opfern bereitstellt. Denn oft fehlen Angehörigen und Forschenden Hinweise, in welchen Archiven sie recherchieren können oder auch die Zeit, zu Archiven zu reisen, wenn es dort noch keine Online-Angebote gibt.