Unter dem Titel #lostwords suchen wir gemeinsam mit den Staatlichen Archiven Bayerns und mit Unterstützung von Freiwilligen nach den Familien von NS-Verfolgten, die in der Haftanstalt München-Stadelheim hingerichtet wurden. Kurz vor ihrer Ermordung durften die Verurteilten noch Briefe an ihre Angehörigen verfassen. Mehr als 50 dieser handschriftlichen Abschiedsbriefe wurden nie zugestellt. Über 80 Jahre später sollen diese letzten Worte nun endlich die Nachkommen der vorgesehenen Empfänger*innen erreichen.
Über #lostwords
#lostwords erinnert an die Menschen, die oft wegen kleinster Vergehen im Gefängnis München-Stadelheim von den Nationalsozialisten hingerichtet wurden. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen den Staatlichen Archiven Bayerns und den Arolsen Archives.
Zeilen des Abschieds – gelesen vom Ensemble der Münchner Kammerspiele
In ihren Abschiedsbriefen wenden sich die zum Tode Verurteilten an ihre Eltern, Ehepartner*innen, Verwandten und Freund*innen. Sie regeln, was mit ihren Habseligkeiten geschehen soll, und nehmen Abschied ‒ einige nüchtern und sachlich, viele verzweifelt, manche auch voller Wut über die große Ungerechtigkeit, die ihnen widerfährt. Schauspieler*innen der Münchner Kammerspiele lesen in sechs Videos ausgewählte Passagen aus den Abschiedsbriefen.
Aufbewahrt in den Hinrichtungsakten: Briefe zum Abschied
Das Verfassen der Abschiedsbriefe war die letzte Handlung, die den zum Tode Verurteilten zugestanden wurde. Einige dieser Briefe erreichten ihre Empfänger*innen nie, sondern sie wurden Teil der Hinrichtungsakten. Welche Funktion erfüllten diese Akten? Was ist in ihnen enthalten? Und warum sind sie für die Forschung von Bedeutung?
Die Haftanstalt München-Stadelheim war im Nationalsozialismus eine „zentrale Hinrichtungsstätte“. Bis 1945 wurden dort über 1.000 zum Tode verurteilte Menschen enthauptet, darunter auch 75 Frauen. Die meisten Hingerichteten stammten aus Deutschland, andere aus Polen, Frankreich, Tschechien und weiteren europäischen Ländern. Das jüngste Hinrichtungsopfer wurde 19, das älteste 81 Jahre alt. Was außerdem über die Opfer bekannt ist, erfahren Sie hier.
Seit Juli 2025 sind wir mit Unterstützung unseres europaweiten Netzwerks von Freiwilligen auf der Suche nach Angehörigen und Hinterbliebenen der Hinrichtungsopfer von München-Stadelheim. Wir berichten über die Suche und ihre Bedeutung für Angehörige und Beteiligte.
Jetzt mitmachen und an die Opfer der NS-Justiz erinnern
Die Crowdsourcing-Initiative #everynamencounts lädt alle Interessierten dazu ein, einen Beitrag zur Erinnerung an das Unrecht zu leisten, das Menschen während der NS-Zeit durch Gerichte und Justizvollzug erlitten.
Derzeit stehen Dokumente aus dem Deutschen Gefängnis Prag-Pankratz zur Bearbeitung bereit. Diese Quellen berichten von Verfolgung, Repression und willkürlicher Gewalt. Sie geben eindrucksvolle Einblicke in die Schicksale zahlreicher Betroffener.
Zwischen 1933 und 1945 stand die Justiz im Dienst des NS-Regimes und war damit Teil des Unrechtssystems. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs verschärfte sich das Vorgehen der NS-Richter gegen vermeintliche „Volksschädlinge“. Schon für Bagatelldelikte konnte die Todesstrafe verhängt werden. Alexander Korb hat mit uns über die Todesurteile im Namen der NS-Justiz gesprochen.
#lostwords wird erst durch viele Partner und ein aktives Netzwerk möglich – von den Staatlichen Archiven Bayerns über wissenschaftliche Expertise bis hin zu engagierten Freiwilligen sowie Künstler*innen der Münchner Kammerspiele.