Am 3. September, während der Eröffnung der #StolenMemory Ausstellung im polnischen Bydgoszcz, erhielten die Angehörigen von Tadeusz Markowski seine persönlichen Gegenstände zurück. Er war Häftling im Konzentrationslager Neuengamme.

Unter den erhaltenen Erinnerungsstücken, die Dr. Karol Nawrocki, Präsident des Instituts für Nationales Gedenken in Polen, und Anna Meier-Osiński, Outreach-Managerin der Arolsen Archives, übergaben, befanden sich Familienfotos, Briefe und Dokumente. Die Angehörigen erfuhren so neue, ihnen unbekannte Details über das Leben von Tadeusz Markowski, wie zum Beispiel zu seinem Aufenthalt in der Stadt Sędziszewo.

„Wir begannen die Suche nach Markowskis Familie 2018 mit einem Suchplakat bei einer Ausstellung in Paris“, erklärt Anna Meier-Osiński. Dann blieb der Fall aber stecken. Dank der #StolenMemory-Kampagne, der Hilfe und des Engagements des IPN und der Nachforschungen auf lokaler Ebene konnte im Sommer 2021 die Familie des Mannes gefunden werden. In Bydgoszcz nahm die Tochter von Tadeusz Markowskis Nichte, Dorota Kalinowska, die Habseligkeiten entgegen.

»Es fühlt sich an, als ob sich unsere Familie noch einmal treffen würde, als ob sie alle wieder lebendig wären. Tadeusz, der vor so langer Zeit verstorben ist und über den wir nur wenig wussten, ist plötzlich hier bei uns.«

Dorota Kalinowska, Tadeusz Markowskis Großnichte

Einige der Informationen zu Tadeusz Schicksal waren für die Familie völlig neu. Tadeusz Markowski wurde 1914 in Aleksandrow Kujawski geboren. Im Oktober 1944 verschleppten ihn die Nazis in das Konzentrationslager Neuengamme. Dort überlebte er etwa zwei Monate und starb am 29. Dezember 1944. Die Lagerverwaltung gab als Todesursache eine Darmentzündung an. Oft wurden die Todesursachen aber willkürlich zugewiesen, um die Spuren der Verfolgung zu verwischen. Ein symbolisches Grab für ihn befindet sich auf dem Friedhof in Aleksandrow Kujawski.

 

Der Durchbruch

Über 4700 Umschläge mit persönlichen Gegenständen der Häftlinge wurden 1963 an die Arolsen Archives übergeben. Im Laufe der Jahre wurden viele dieser persönlichen Gegenstände an ihre rechtmäßigen Besitzer*innen oder Verwandten zurückgegeben. Diejenigen, deren Besitzer nicht ermittelt werden konnten, verbleiben im Archiv.

„Der Durchbruch gelang 2016, als vielerorts die Akten von Standesämtern und anderen wichtigen Informationsquellen digitalisiert wurden und dadurch allen Interessierten zur Verfügung stehen“, so Anna Meier-Osiński bei der Eröffnungsveranstaltung in Bydgoszcz. Sie wies auch auf das Potenzial der sozialen Medien und vor allem auf die Rolle der Freiwilligen hin.

„Ich bin froh, dass es uns in den ersten fünf Jahren in Polen gelungen ist, ein Netzwerk von Freiwilligen aufzubauen, das uns bei unserer Suche sehr erfolgreich unterstützt. Ohne die Hilfe der IPN-Mitarbeiter*innen wären wir heute nicht in der Lage, die Familie von Tadeusz Markowski zu treffen“, fügte sie hinzu.

Übergabe in Bydgoszcz

Arolsen Archives Outreachmanagerin Anna Meier-Osiński, IPN-Präsident Dr. Karol Nawrocki und Tadeusz Markowskis Großnichte Dorota Kalinowska bei der Übergabe in Bydgoszcz in September 2021. Tadeusz Markowskis Erinnerungsstücke wurden seit den frühen 1960er Jahren in Bad Arolsen aufbewahrt und sind nun endlich zurück in seine Familie gekommen. 

Die Hoffnung zurückbringen

„Solche Treffen geben Hoffnung auf gute Beziehungen zu den Nachbarn“, sagte der Präsident des IPN. Er bezeichnete die Aktivität der Arolsen Archives als „Wiederherstellung einer Chance auf Gerechtigkeit“.

Anna Meier-Osiński bezog sich auf seine Worte: „Wir wollen klarstellen, dass der Versöhnungsprozess und die Aufarbeitung der NS-Verbrechen noch lange nicht abgeschlossen sind. Wir arbeiten daran und möchten insbesondere die Lücken in den Familiengeschichten schließen.“

Die Leiterin des IPN-Archivs Marzena Kruk betonte, dass solche Momente nicht nur für die Familie, sondern auch für die an der Suche beteiligten Personen wichtig sind. Einige der Namen der während des Zweiten Weltkriegs verfolgten Personen tauchen in den IPN-Akten nur auf den Listen auf. Deshalb knüpft das IPN Kontakte zu Institutionen in der ganzen Welt, um die Schicksale der Opfer zu erforschen. Das Institut arbeitet seit vielen Jahren mit den Arolsen Archives zusammen und verfügt über eine digitale Kopie aller Dokumente der Arolsen Archives. „Wir geben unser Bestes, um die Geschichte dieser Menschen aufzudecken“, fügte sie hinzu.

Ausstellung in Bydgoszcz

Die Ausstellung #StolenMemory zeigt die Geschichten von KZ-Häftlingen und ihrer persönlichen Gegenstände. Einige dieser Erinnerungsstücke konnten bereits an die Familien zurückgegeben werden. Die Suche nach den Angehörigen derjenigen, deren persönliche Gegenstände sich noch in den Arolsen Archives befinden, wird fortgesetzt.

Die Ausstellung kann bis zum 19. September 2021 vor dem IPN-Gebäude und anschließend bis zum 3. Oktober vor dem Verwaltungsgebäude der Woiwodschaft in Bydgoszcz besichtigt werden.

 

Hilfe benötigt

Ziel der Kampagne #StolenMemory der Arolsen Archives ist es, so viele persönliche Gegenstände wie möglich zurückzugeben. Die Suche nach Verwandten von KZ-Häftlingen ist oft ein langwieriger und schwieriger Prozess, der jedoch dank der Arbeit des professionellen Suchteams der Arolsen Archives, der sozialen Medien und des großen Engagements von Freiwilligen in vielen Fällen zum Erfolg führt.

Die Arolsen Archives und das IPN bitten die Medien um Unterstützung bei der Information über die im Rahmen der #StolenMemory-Kampagne durchgeführten Suchaktionen. Die Arolsen Archives werden demnächst eine spezielle #StolenMemory Facebook-Seite auf Polnisch einrichten, auf der wir über Suchfälle informieren.

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