Die erste Märzwoche stand ganz im Zeichen des Projekts #StolenMemory. Die Arolsen Archives bedankten sich mit einer Einladung zum 1. Internationalen Freiwilligentreffen bei den Engagierten, die dazu beitragen, Gegenstände (sogenannte Effekten) von KZ-Häftlingen an ihre Familienangehörigen zurückzugeben.

„Die größte Detektivgeschichte aller Zeiten“ – so lautet der Titel eines Hörspiels der BBC (British Broadcasting Corporation) aus dem Jahr 1950. Es erzählt von der Suche nach NS-Verfolgten und der Aufklärung ihrer Schicksale – eine Arbeit, die 1948 in Arolsen begann. Eine große Menge Spürsinn und Beharrlichkeit kam fast 80 Jahre später bei einem Treffen der internationalen #StolenMemory-Freiwilligen zusammen: Mehr als 1000 Familien sind das eindrucksvolle Ergebnis der Suche, die das Recherche-Team der Arolsen Archives in enger Zusammenarbeit mit den internationalen Freiwilligen im Rahmen von #StolenMemory aufgespürt hat.

Über #StolenMemory

Die internationale Kampagne #StolenMemory bringt Familien persönliche Gegenstände von KZ-Häftlingen nach über 80 Jahren zurück. Schmuck, Erinnerungsfotos, Briefe – in den Konzentrationslagern nahmen die Nationalsozialisten den Häftlingen jeglichen persönlichen Besitz ab.

Weitere Infos

An zwei Tagen fanden sich 26 Freiwillige aus Belgien, Frankreich, Kanada, den Niederlanden, Spanien, Polen und Deutschland vor Ort ein. Einige waren bereits in Kontakt, hatten sich jedoch bislang nicht persönlich getroffen.

Während ihres Aufenthalts erkundeten die Freiwilligen das Archiv, nahmen an mehrsprachigen Stadtführungen teil und führten Gespräche mit internationalen Pressevertreter*innen. Besonders wertvoll war jedoch der gegenseitige Austausch: Die Freiwilligen diskutierten aktuelle Recherchen, gaben sich wertvolle Tipps, was man tun kann, wenn Nachforschungen in scheinbare Sackgassen führen. Da viele Recherchen über Länder- und Sprachgrenzen hinausgehen, erweist sich die internationale Zusammenarbeit als unschätzbare Hilfe.

Es ist so wichtig, an die Opfer der Nazi-Verfolgung zu erinnern und ihnen ihre Stimme zurückzugeben. Die Nazis haben versucht, sie auszulöschen.

Megan Cameron, kanadische Freiwillige über #StolenMemory

Wer engagiert sich bei #StolenMemory?

Ob 15 oder 85 Jahre alt: Die Gruppe der Freiwilligen bei #StolenMemory umfasst Menschen verschiedener Altersgruppen und Hintergründe. Schulklassen beteiligen sich unter der Anleitung von internationalem Lehrpersonal aus Polen und Deutschland, das seit Jahren #StolenMemory unterstützt und bei dem Treffen anwesend war. Einige volunteers arbeiten in Teams zusammen, wie vier junge Menschen aus Oświęcim (PL). Dem spanischen Historiker Antonio Muñoz Sánchez gelang es beispielsweise, nahezu alle Familien zu den über Jahrzehnte im Archiv aufbewahrten spanischen Effekten aufzuspüren. Viele Ehrenamtliche unterstützen das Projekt bereits seit Jahren mit großem Engagement.

Das Projekt #StolenMemory hat unsere Wahrnehmung von Geschichte verändert und sie über die Bücher hinaus erweitert. Wir haben gelernt, die Arbeit von Archiven zu schätzen.

Sabina Kwiatkowska, Zofia Przeworska, Mateusz Mika, Kinga Paciorek, polnisches Freiwilligenteam über #StolenMemory

Abends las die französische Autorin Gaëlle Nohant aus ihrem Buch „All die gestohlenen Erinnerungen“ (PIPER Verlag). Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen Archives, übernahm Moderation und Übersetzungen.

Sorgfalt, Geduld und ein detektivisches Gespür sind unerlässlich für die Arbeit der Freiwilligen – doch manchmal braucht es auch Glück. Am zweiten Tag des Treffens saßen die Freiwilligen in der Cafeteria und unterhielten sich. Doch als Martina Gruber gemeinsam mit Malgorzata Przybyla, Mitarbeiterin der Arolsen Archives, nach vorn trat, wurde es ruhig. Die Blicke richteten sich auf ein dunkles Etui, in ihm goldene Ringe. Sie gehörten August Hanowski: Der Lehrer war während des Nationalsozialismus verfolgt und inhaftiert worden. Erst eine Woche vor dem Treffen war seine Großnichte Martina Gruber ausgemacht worden, und die Ringe wurden nun feierlich übergeben.

 

 

Die intensiven Tage haben eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig Vernetzung, Austausch und Outreach sind: Ohne die Unterstützung internationaler Freiwilliger wären derartige Rückgaben in diesem Umfang nicht möglich. Noch immer warten rund 2.000 persönliche Gegenstände darauf, an ihre rechtmäßigen Besitzer*innen zurückgegeben zu werden – und die Freiwilligen setzen ihre engagierte Suche unermüdlich fort. „Am kommenden Wochenende lege ich eine kurze Pause ein, aber danach werde ich meine Recherchearbeit fortsetzen“, so die polnische Freiwillige Manuela Golc.

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