Sechs Spalten und fünf Zeilen – mehr brauchten die Nationalsozialisten nicht, um Menschen in den Konzentrationslagern in Kategorien einzuteilen. Eine der wenigen erhaltenen Kennzeichentafeln kam nach dem Krieg aus dem befreiten KZ Dachau nach Arolsen und wird im ITS-Archiv verwahrt.

Anfangs wurden die Häftlinge in den einzelnen KZ noch unterschiedlich markiert, etwa durch verschiedene Kleidung, bunte Kreise und Streifen oder durch einen besonderen Haarschnitt. Ab Ende der 1930er Jahre setzte sich aber nach und nach überall die Markierung mittels farbiger Stoffdreiecke (Winkel) durch. Eine der wenigen erhaltenen Kennzeichentafeln kam nach dem Krieg aus dem befreiten KZ Dachau nach Arolsen und wird im Archiv des ITS verwahrt. Heute wird kaum ein anderes Dokument so regelmäßig in Büchern über Konzentrationslagern abgedruckt wie die vom ITS verwahrte Kennzeichentafel.

Die KZ-Häftlinge mussten neben der Häftlingsnummer verschiedenfarbige Winkel auf ihre Jacken und Hosen nähen. Sozialdemokrat*innen, Kommunist*innen, Gewerkschafter*innen und andere Personen, in denen die Nationalsozialisten politische Gegner sahen, trugen einen roten Winkel. Oft konnte schon ein Witz über Hitler oder eine Denunziation ausreichen, um als „Politischer“ inhaftiert zu werden. Grüne Winkel wurden an die sogenannten Berufsverbrecher verteilt. Zu dieser Gruppe gehörten auch viele Menschen, die mehrmals wegen kleinerer Delikte verurteilt worden waren und nicht in das Bild der NS-Gemeinschaft passten. Der blaue Winkel stand für Emigranten, also für deutsche Staatsbürger, die nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 zunächst ihre Heimat verlassen hatten, dann aber zurückgekehrt waren und deswegen unter Spionageverdacht standen. Weil sich die Zeugen Jehovas, die damals als Bibelforscher bezeichnet wurden, aus religiösen Gründen weigerten, Mitglied in einer NS-Organisation zu werden oder Wehrdienst zu leisten, wurden sie verfolgt und mussten in den KZ einen lila Winkel tragen. Homosexuelle Häftlinge erkannte man an einem rosa Winkel. Der schwarze Winkel schließlich war für all jene vorgesehen, die in den Augen der Nationalsozialisten als „Asoziale“ galten, also zum Beispiel Obdachlose, Bettler oder Menschen ohne feste Arbeit. Später kam noch der braune Winkel für Sinti und Roma hinzu. Jüdische Häftlinge trugen unter dem farbigen Winkel einen umgedrehten gelben Winkel, sodass ein „Davidstern“ entstand. Für jeden und jede sollte auf den ersten Blick zu erkennen sein, warum ein Mensch in ein KZ eingewiesen worden war. Allerdings konnte die Zuordnung in eine Gruppe willkürlich sein, um eine Person besonders zu demütigen, und die Häftlinge hätten sich nicht unbedingt immer selbst als Teil dieser Gruppe beschrieben.

Christiane Weber, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Forschung und Bildung beim ITS

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