Informieren in Mittelosteuropa

Die Arolsen Archives sind in Polen und den Ländern Mittelosteuropas aktiv.

Foto: Johanna Groß

In Ländern wie Polen, der Ukraine, Belarus und Russland haben die Nationalsozialisten Millionen von Menschen besonders brutal verfolgt, inhaftiert und ermordet. Viele Familien von NS-Verfolgten wissen bis heute nicht, was mit ihren Angehörigen geschehen ist. Die Dokumente aus den Arolsen Archives können helfen, Verfolgungswege nachzuvollziehen und Schicksale aufzuklären. Deshalb setzen wir uns dafür ein, die Angebote der Arolsen Archives in dieser Region bekannter zu machen. Außerdem entwickeln wir gemeinsam mit Partnern vor Ort neue Kampagnen, Bildungs- und Informationsangebote.

Ein starkes Netzwerk in der Region

Dazu knüpfen wir vielfältige Kontakte, pflegen ein Netzwerk aus Freiwilligen und schließen Kooperationen mit unterschiedlichen Institutionen. Eine besonders enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit besteht zum Beispiel mit der Internationalen Jugendbegegnungsstätte Auschwitz, dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau, der Gedenkstätte Stutthof und dem Deutsch-Polnischen Jugendwerk. Darüber hinaus arbeiten wir in Polen mit Medienpartnern wie dem polnischen Fernsehen zusammen, die regelmäßig über unsere Projekte und Themen berichten. 

Sie möchten sich mit uns vernetzen?

Sie möchten gemeinsame Vorhaben auf den Weg bringen? Unsere Mitarbeiterin Anna Meier-Osiński ist Outreach-Managerin für die Region Zentral- und Osteuropa und beantwortet gern Ihre Fragen zum Thema Partnerschaften.

#Stolen Memory in Polen

Ein Schwerpunkt unserer Aktivitäten in Polen ist die Initiative und Ausstellung #StolenMemory. Seit Beginn der Suchkampagne 2016 wurden bereits Hunderte Familien gefunden, denen persönliche Gegenstände ihrer in der NS-Zeit verfolgten Angehörigen überreicht werden konnten. Regelmäßig organisieren wir Rückgabezeremonien in Polen. Unterstützt wird die Suche von vielen Freiwilligen, die in Archiven recherchieren und vor Ort suchen. Einmal jährlich organisieren wir ein Treffen, bei dem sich die Freiwilligen austauschen und vernetzen können.

Austausch und Suche auf Social Media

Auch über unsere Facebook-Gruppe stehen wir im engen Austausch mit unseren polnischen Unterstützerinnen und Unterstützern. Dort informieren wir laufend über Veranstaltungen und Projekte in Polen, teilen Suchaufrufe und tauschen uns mit unseren Mitgliedern zu verschiedenen Recherchethemen aus.

#StolenMemory-Ausstellung im Container

Um auf die Initiative aufmerksam zu machen, touren wir seit 2022 mit unserer #StolenMemory-Ausstellung in einem umgebauten Überseecontainer durch Polen. Die Ausstellung ist in polnischer und ukrainischer Sprache. Ursprünglich war geplant, #StolenMemory ab 2024 auch in der Westukraine zu zeigen. Nach dem russischen Überfall auf das Land mussten wir darauf verzichten. Stattdessen bemühen wir uns, mit unserer Ausstellung gezielt Orte zu besuchen, an denen viele Ukrainer*innen Zuflucht gefunden haben.

Kampagne zum Warschauer Aufstand

Anlässlich des 80. Jahrestags des Warschauer Aufstands starteten die Arolsen Archives 2024 im Rahmen von #StolenMemory die Kampagne „Der Warschauer Aufstand. 100 unbekannte Geschichten“. Die Suche konzentrierte sich darauf, Nachkommen von NS-Verfolgten zu finden, die während des Warschauer Aufstands deportiert worden waren. Mit Unterstützung von Freiwilligen konnten viele Familien gefunden und Schicksale von Opfern rekonstruiert werden. Über 25 Familien erhielten persönliche Gegenstände ihrer Angehörigen zurück, die ihnen in deutschen Konzentrationslagern abgenommen worden waren. 

BohaterON-Preis für die Arolsen Archives

Für die Kampagne „Der Warschauer Aufstand. 100 unbekannte Geschichten“ wurden die Arolsen Archives mit dem renommierten polnischen Geschichtspreis BohaterON ausgezeichnet – als erste nicht-polnische Organisation.

Bildungsarbeit in Polen

Dokumente und Gegenstände aus der Sammlung der Arolsen Archives bieten jungen Menschen Anreize, sich mit der NS-Verfolgungsgeschichte in ihrer Region auseinanderzusetzen. Individuelle Schicksale machen das Thema für Jugendliche greifbar. In Polen arbeiten wir eng mit Institutionen wie dem Deutsch-Polnischen Jugendwerk (DPJW) oder der Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Oświęcim/Auschwitz zusammen, entwickeln pädagogische Materialien, schulen Multiplikator*innen und führen gemeinsame Bildungsprojekte durch.

Jugendliche suchen nach Familien

Wie #StolenMemory Jugendliche dazu anregt, sich mit der NS-Verfolgung in ihrer Region zu beschäftigen und selbst aktiv zu werden, zeigt unsere langjährige Kooperation mit der Internationalen Jugendbegegnungsstätte (IJBS) in Oswiecim. Seit 2019 sucht eine Gruppe von Freiwilligen dort sehr erfolgreich nach Familien von NS-Verfolgten, um ihnen Andenken ihrer Angehörigen zurückzugeben.

Tadeusz Kassatti gemeinsam mit Freiwilligen. Foto: Robert Stelmach

Kooperation mit ukrainischen Partnerorganisationen

Im Rahmen von #StolenMemory arbeiten die Arolsen Archives auch mit ukrainischen Partnern zusammen, insbesondere im Bildungsbereich. Wir organisieren regelmäßig internationale Seminare für Multiplikator*innen und Schülergruppen zu #StolenMemory in Polen und laden dazu unsere Partnerorganisationen aus der Ukraine ein. Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist es den Arolsen Archives ein besonderes Anliegen, diese Kooperationen weiter auszubauen und langfristig zu verankern. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Zusammenarbeit mit Schulen und Lehrkräften aus der Ukraine.

Anna Meier-Osiński: „Es gibt noch viele offene Fragen“

Anna Meier-Osiński ist Outreach-Managerin für Mittelosteuropa und Expertin für Erinnerungsarbeit im deutsch-polnischen und osteuropäischen Raum. Sie hat breite Erfahrung in der Arbeit mit Nachfahren von NS-Verfolgten. Im Interview spricht sie darüber, warum die Präsenz der Arolsen Archives in dieser Region so wichtig ist.

Deutsch-polnische Erinnerungsarbeit

Seit 2023 ist Anna Meier- Osiński Mitglied im Expertenforum des Deutschen Polen-Instituts (DPI) und der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas für die Entwicklung des in der Hauptstadt geplanten Polendenkmals und dem Deutsch-Polnischen Haus. Es soll Begegnungen zwischen den Generationen und mit Polen und Deutschland aus der Perspektive der über tausendjährigen Verflechtung und Beziehungsgeschichte ermöglichen. In diesem Kontext geht es vor allem auch um die Entwicklung von innovativen Konzepten für Jugendbegegnungen und Angeboten, die das Gesamtprojekt begleiten werden.