Seit Beginn des russischen Angriffskriegs sind Millionen Ukrainer*innen aus ihrem Land geflohen. Auch Andrii Aloshin aus Luhansk. Der Pastor bietet jetzt Seelsorge an einer bayerischen Schule für Kindern an, die aus der Ukraine geflohenen sind. In den Arolsen Archives fand er Dokumente zu seiner Großmutter Natalja Tscherkaschina. Sie musste während des Zweiten Weltkriegs vier Jahre Zwangsarbeit in Darmstadt-Eberstadt leisten.

Andrii Aloshin ist seit Mitte März in Deutschland. Er kommt aus Luhansk, dem Gebiet in der Ostukraine. Im März musste er wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine dann fliehen. Erst fand er bei einer Augsburger Familie Zuflucht, die ihn einen Monat lang aufnahm. Jetzt lebt er im bayerischen Türkheim und hat große Pläne: Er möchte ein Zentrum für Menschen mit Suchterkrankung aufbauen und ihnen beim Einstieg in den Alltag helfen. Er selbst ist seit 14 Jahren clean und sucht nun Unterstützung für sein Projekt. In der Zwischenzeit betreut er seelsorgerisch ukrainische Kinder, die mit ihren Familien nach Deutschland geflohen sind.

 

»Ich möchte, dass die Kinder keinen Hass entwickeln, den sie dann lebenslang mit sich herumschleppen. Es ist wichtig, dass ihre seelischen Wunden bereits jetzt anfangen zu heilen«.

Andrii Aloshin, Pastor aus der Ukraine

Außerdem arbeitet er präventiv, damit diese Kinder mit Kriegs-und Fluchterfahrungen später nicht selbst eine Suchterkrankung entwickeln. Andrii weiß wovon er spricht, denn er selbst wuchs mit Hass auf die Deutschen auf. Als Nachwirkung der NS-Verbrechen, erlebte er als Kind Propaganda gegen Deutschland. Jetzt in dieses Land fliehen zu müssen und um Hilfe zu bitten – für Andrii ein Schock. „Ich sehe jetzt, wie die Deutschen heute sind: fleißig, mitfühlend, hilfsbereit und dankbar. Für mich war es sehr wichtig, die Dokumente zu meiner Großmutter zu finden, welche die Arolsen Archives aufbewahren. Jetzt habe ich ein besseres Verständnis, wie die Deutschen während der NS-Zeit waren und wie sie heute sind – überhaupt zur ganzen Geschichte.“

 

Hass auf Deutschland

Die vier Jahre, in denen die Großmutter im Deutschen Reich Zwangsarbeit leisten musste, waren ein absolutes Tabuthema in Andriis Familie. „Diese Generation hat ihren Hass mit sich herumgetragen, aber dass ich und viele andere Ukrainer*innen jetzt in Deutschland Hilfe und Verständnis erfahren, trägt zur Heilung bei.“

 

Auf dieser Liste der Ausländersuchaktion ist Nataljas Name zu finden.
Natalja Tscherkaschina auf einer Liste der Ausländersuchaktion

Ausländersuchaktion

Diese Listen, auf denen auch Andriis Großmutter zu finden ist, entstanden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Rahmen der Ausländersuchaktion. Auf Befehl der Alliierten mussten dabei deutsche Behörden, Firmen, Krankenhäuser, Sozialversicherungen und weitere Stellen in allen vier Besatzungszonen Listen anfertigen und Dokumente abgeben. Diese enthielten Informationen über Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, die sich ab 1939 in ihrem Kreis bzw. Zuständigkeitsbereich aufgehalten hatten, dort gestorben waren oder noch dort lebten.

Über das Hilfsnetzwerk für Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine konnte Andrii einer Cousine, die noch in der Ukraine ist, finanzielle Hilfe zukommen lassen. Jetzt ist er auf der Suche nach weiteren Unterstützer*innen, die ihm helfen, seinen Traum vom Wohnprojekt für Suchtkranke in Deutschland zu realisieren.

Wenn Sie helfen möchten, können Sie sich direkt an per E-Mail an Andrii Aloshin wenden.

 

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