Informationen für Angehörige von NS-Verfolgten
Viele Familien wissen bis heute nicht, was mit ihren Verwandten nach der Deportation geschah. Aber die Familiengeschichte ist von großer Bedeutung, um einen Raum für die Erinnerung zu schaffen.
Die Arolsen Archives recherchieren zu Verfolgungswegen, helfen bei der Suche nach Gräbern und führen auch heute noch Familien zusammen, die das NS-Regime auseinandergerissen hat. Jahr für Jahr erreichen uns Anfragen zu mehr als 20.000 Personen; circa zwei Drittel stammen von Angehörigen. Die Zahl bleibt hoch, auch wenn es inzwischen selten Überlebende sind, die sich an die Arolsen Archives wenden.
Die meisten Suchanfragen kommen heute aus den Generationen der Kinder und Enkel. Doch die Traumata wirken in ihnen nach. Mehr Wissen hilft dabei, Wurzeln zu finden und die eigene Familiengeschichte besser zu verstehen. Oft konnten oder wollten die Überlebenden oder Angehörigen nicht über die NS-Verfolgung sprechen. Manchmal kann es zusätzlich um Familiengeheimnisse gehen, zum Beispiel um unehelich geborene Kinder oder zurückgelassene Familien. Nach dem Tod der Eltern- beziehungsweise Großelterngeneration ist es für viele ein tiefes Bedürfnis, sich intensiver mit der Vergangenheit zu beschäftigen und jede Chance zu nutzen, Spuren zur eigenen Familiengeschichte oder zu Angehörigen zu finden.
»Es gibt keine Dokumente, keine Fotos, kein Kleidungsstück, kein Spielzeug, rein gar nichts aus der Zeit vor und während der Shoah. Insofern haben die drei Dokumente aus der Zeit der KZ-Haft meines Vaters eine ganz besondere Bedeutung für mich.«
René Manu, Sohn von Daniel Manu, einem griechischen Juden aus Thessaloniki. Die Nationalsozialisten verschleppten ihn und seine ganze Familie in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Daniel Manu überlebte als Einziger.
Wie sieht eine Auskunft der Arolsen Archives aus?
In mehr als 50 Prozent aller Anfragen können wir auf der Basis unseres Archivs Auskünfte geben. Anfragende erhalten von uns Kopien der jeweiligen Dokumente, die durch eine Beschriftung am unteren Bildrand erklärt werden. Von wem stammte das Dokument, warum wurde es ausgestellt? Das und vieles mehr erklärt sich durch die Beschriftung. Außerdem erhalten Sie zudem Tipps und Adressen für weitere Recherchen. Wenn Sie mehr Informationen wünschen, können Sie uns gerne ansprechen: Wir schicken Ihnen auf Wunsch eine Auswertung der Dokumente.
Wenn wir keine Informationen im Archiv aufbewahren, bemühen wir uns umso mehr, Tipps für Recherchen in anderen Archiven, Ämtern, Verwaltungen und Gedenkstätten zu geben.
Anfragen aus Mittel- und Osteuropa
Der nationalsozialistische Terror hat die Menschen aus Mittel- und Osteuropa besonders getroffen. Nicht zuletzt durch die Ost-West-Konflikte der Nachkriegszeit war es für eine große Anzahl von Familien unmöglich, nach vermissten Angehörigen zu suchen, die als Zwangsarbeiter ausgebeutet oder in Konzentrationslager deportiert wurden. Um Familien auf das Recherche-Angebot der Arolsen Archives aufmerksam zu machen, arbeiten wir mit Partnerinstitutionen und stellen uns in den Medien vor. Die Ausstellung und Kampagne #StolenMemory bietet auch die Möglichkeit, über Recherchen in den verschiedenen Ländern neue Partner zu finden und unser Archiv bekannter zu machen. Es ist uns ein besonderes Anliegen, Angehörigen aus Mittel- und Osteuropa dabei zu helfen, endlich die lange gesuchten Informationen zu finden: das können Auskünfte über den Verfolgungsweg sein, Hinweise auf Sterbeorte und Gräber oder die aktive Suche nach Angehörigen.
Häufige Fragen
Wir erhalten jedes Jahr Anfragen zu über 20.000 Personen. Bei der Bearbeitung gehen wir grundsätzlich chronologisch vor, ziehen allerdings Anfragen von Überlebenden sowie von betagten oder erkrankten Angehörigen ebenso vor wie solche mit dringenden Anliegen.
Wir konnten die Wartezeiten zuletzt deutlich senken, so dass Sie in der Regel nach wenigen Wochen von uns eine Auskunft erhalten. Nur wenn wir Familienangehörige suchen oder auch Familien bei der Suche nach Gräbern unterstützen, kann es deutlich länger dauern, da die Recherchen unter Umständen viel Zeit beanspruchen.
Unser Archiv ist fast vollständig digitalisiert, sodass unsere Sachbearbeiter*innen die Bestände am PC durchsuchen können. Sie berücksichtigen dabei auch Abweichungen bei Schreibweise und Daten zur gesuchten Person. Sollten Sie danach auf Ihrer Suche weitere Angaben erhalten, führen wir auf Grundlage dieser Informationen gerne noch einmal eine Recherche durch. Bitte stellen Sie dazu einen neuen Antrag über unser Onlineformular.
Unsere Dokumente geben einerseits Auskunft über Verfolgung, Inhaftierung und Zwangsarbeit zwischen 1933 und 1945. Dazu kommen die Bestände der Nachkriegszeit zu Hilfsleistungen der Alliierten und zur Emigration ehemaliger KZ-Häftlinge und anderer Verfolgter. Außerdem sind heute auch die Anfragen der vergangenen sieben Jahrzehnte wichtig: Diese T/D-Akten (Tracing/Documentation) dokumentieren die Bemühungen von Millionen Menschen, nach dem Krieg Angehörige und Freunde wiederzufinden oder Bescheinigungen über den Verfolgungsweg zu erhalten. Sie enthalten oft wichtige Informationen darüber, wo sich ein Verfolgter nach der Befreiung aufhielt.
Jeder, der sich heute an die Arolsen Archives wendet, erhält alle vorliegenden Dokumente als kostenlose Kopien. Außerdem ist der Bestand der Dokumente immer weiter gewachsen und wächst noch. Eine erneute Anfrage kann eine zweite Chance sein, vor allem bei den Suchanfragen nach Angehörigen. Es kommt vor, dass früher erfolglos verlaufene Suchanfragen heute positiv gelöst werden. Neue Dokumente und die Ausweitung der Sucharbeit auf Mittel- und Osteuropa machen dies möglich. Eine erneute Anfrage ist auf jeden Fall sinnvoll.
Nein, aber wir verweisen auf andere Archive, Gedenkstätten, Behörden und Datenbanken. Das hilft Familien bei ihrer Suche nach Informationen oft weiter, auch wenn es in den Arolsen Archives keine Dokumente gibt. Zusätzliche Recherchen, zum Beispiel in Fach- und Erinnerungsliteratur, führen wir nicht durch.
Die Arolsen Archives erteilen grundsätzlich kostenfreie Auskünfte an Familien, die nach Informationen oder Kontakt zu einem Angehörigen suchen.
Das Sonderstandesamt in Bad Arolsen beurkundet Sterbefälle in den ehemaligen deutschen Konzentrationslagern auf Basis unserer Dokumente:
Stadt Bad Arolsen
Sonderstandesamt
Große Allee 26
34454 Bad Arolsen
Deutschland
Tel.: +49 5691 801183
Sonderstandesamt@Bad-Arolsen.de
Das Sonderstandesamt selbst verfügt über keine weiteren Dokumente oder Informationen.
Die Arolsen Archives stellen Bescheinigungen auf der Basis der vorliegenden Dokumente aus. Wir sind jedoch keine Entschädigungsbehörde. Wenn wir bei der Bearbeitung Ihres Antrages feststellen, dass es sich um einen früheren Entschädigungsfall handelt, senden wir Ihnen alle dazu vorliegenden Unterlagen zu und verweisen an die zuständige Stelle. In aktuellen Fragen zu Entschädigungen von NS-Unrecht, Rentenzahlungen oder anderen Vermögensfragen, wenden Sie sich bitte an die Auskunftsstelle bei der Bundesfinanzdirektion West:
Generalzolldirektion in Köln
Referat Zentrale Auskunftsstelle zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts
Neusser Straße 159
50733 Köln
Tel. +49 221/379930 oder +49 221/37993413
Fax. +49 221/37993742
BUNDESVERBAND INFORMATION & BERATUNG
FÜR NS-VERFOLGTE e.V.
Genovevastraße 72
51063 Köln
Tel. +49 (0)221 17 92 94 14
Fax. +49 (0)221 17 92 94 29