Rund 65 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Das ist die höchste Zahl, die der UN-Flüchtlingsrat jemals verzeichnet hat. Die meisten von ihnen fliehen vor Krieg und Gewalt – mehr als 50 Prozent sind Kinder. Nur wenige der Geflüchteten kommen nach Europa: Etwa 1,3 Millionen Menschen haben 2015 einen Asylantrag in einem EU-Staat gestellt. Davon rund 470.000 in Deutschland. Im Vergleich zu 2014 hat sich die Zahl der Schutzsuchenden in Europa jedoch verdoppelt. Mit der Kampagne „Wir stehen zusammen #WithRefugees“ rücken die Vereinten Nationen anlässlich des Weltflüchtlingstag am 20. Juni die Not und die Hoffnung von Millionen Menschen auf der Flucht in den Mittelpunkt.

Viele Familien sind auseinandergerissen und auf der Suche nach Angehörigen. Rund 100.000 Kinder befinden sich ohne erwachsene Begleitung auf der Flucht. Die europäischen Regierungen und Gesellschaften stehen vor der Herausforderung, ihren Verpflichtungen und ihrer Verantwortung für die geflüchteten Menschen nachzukommen. Sie müssen Schutz gewährleisten, Familien zusammenbringen und mit den wachsenden fremdenfeindlichen Bewegungen und rassistischer Gewalt in Europa umgehen.

ITS-Direktorin Floriane Hohenberg: „Der ITS unterstützt das Engagement der Vereinten Nationen für die Geflüchteten und setzt sich dafür ein, aus der Kenntnis der Geschichte der Ausgrenzung und Verfolgung auf Grund von Herkunft, Religion, sexueller Orientierung, Geschlecht oder politischer Überzeugung entgegenzuwirken.“

Vor einer humanitären Herausforderung standen 1945 auch die Alliierten im befreiten Europa: Etwa 13 Millionen traumatisierte Überlebende des NS-Terrors mussten versorgt werden – die sogenannten Displaced Persons (DPs). Es waren Millionen ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, Verschleppte und KZ-Überlebende, darunter eine große Zahl unbegleiteter Kinder und Jugendlicher. Die Suche nach vermissten NS-Verfolgten und die Klärung des Schicksals der Opfer des NS-Regimes waren Aufgabe des International Tracing Service (ITS). Allein in den ersten zehn Jahren der Angehörigensuche (1945-1955) beantwortete der Suchdienst rund 900.000 Anfragen. Bis heute gehen monatlich mehr als 1.000 Anfragen ein.

Auch darüber, wie die Alliierten mit der Aufgabe umgingen, die Menschen mit Wohnung, Essen, Kleidung und medizinisch zu versorgen, geben ITS-Dokumente Auskunft. In seinen Archiven verwahrt der ITS die weltweit umfangreichste Dokumentensammlung über DPs – darunter Interviews mit unbegleiteten Kindern und Verwaltungsakten der Alliierten. Gegründet als Suchdienst für die zivilen Opfer und Überlebenden der NS-Verfolgung, hat sich der ITS im Laufe der Jahrzehnte zu einem Archiv und Dokumentationszentrum entwickelt. Bis heute hilft der ITS dabei, Angehörige zu finden und Schicksale zu klären. Darüber hinaus jedoch erinnert die Institution an die Opfer der NS-Verbrechen und leistet einen Beitrag zur Gedenkkultur. Seit 2013 sind die Originaldokumente des Archivs Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes „Memory of the World“.

Zugleich verfolgt der ITS das Ziel, auf Grundlage seiner Bestände Forschung anzuregen und zu neuen Erkenntnissen über NS-Verfolgung, Displacement und der unmittelbaren Nachkriegszeit beizutragen. Da es immer weniger Überlebende gibt, die selbst über ihre Erlebnisse berichten können, sensibilisieren zudem Bildungsprojekte mit ITS-Dokumenten gegen Ausgrenzung und Intoleranz. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, besteht eine internationale Zusammenarbeit mit Gedenkstätten, Archiven und Forschungsinstitutionen.

Die UN-Vollversammlung hat im Jahr 2000 den 20. Juni zum internationalen Gedenktag für Flüchtlinge ausgerufen, um auf die besondere Situation der Geflüchteten aufmerksam zu machen. Seit 2001, dem 50. Jahrestag der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), finden weltweit am 20 Juni Aktionen und Kampagnen statt.

Mehr Info: http://www.un.org/en/events/refugeeday/

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