Aussagekräftige Akten zum Schicksal von rund 3.000 verfolgten Jüdinnen und Juden, die in der Nachkriegszeit in Belgien lebten, sind jetzt erstmals online einsehbar. Die Arolsen Archives haben dafür über 53.000 Dokumente aus dem belgischen Nationalarchiv digitalisiert.

Zahlreiche Schicksale jüdischer NS-Verfolgter, die nach dem Krieg nach Belgien kamen, können nun in unserem Online-Archiv recherchiert werden, darunter zum Beispiel der Verfolgungsweg von Eva Heller, die von den Nationalsozialisten im Oktober 1944 in Budapest verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau deportiert wurde. Die Ungarin überlebte die Torturen der Lagerhaft und wurde 1945 von amerikanischen Truppen befreit. Wie viele andere entschied sie sich, nicht in ihr Heimatland zurückzukehren, sondern nach Westeuropa zu emigrieren.

 

Foto von Eva Heller auf einem der nun online verfügbaren Dokumente aus der Nachkriegszeit

 

Eva Heller kam am 28. Juni 1945 in einem Sammelzentrum im belgischen Namur an, von wo aus sie in den Raum Brüssel weiterzog. Offenbar fand sie schnell eine Anstellung als Verkäuferin in einem Tabakwarenlager. Wegen ihrer jüdischen Herkunft wurde sie zudem von der „Association of Israelites Victims of War“ unterstützt.

 

Eva Heller fürchtete Verfolgung durch die Kommunisten

Obwohl die Verwaltung sie als Immigrantin registrierte, die nach Ungarn zurückkehren möchte, hatte Eva Heller offenbar andere Pläne. Im Februar 1946 brachte sie eine Tochter zur Welt. Wenige Monate später zog auch ihre damals 57-jährige Mutter Elisabet Mezei nach Belgien. 1949 beantragten sie und Eva bei der belgischen Zweigstelle der Internationalen Flüchtlingsorganisation (IRO) die Anerkennung als Flüchtlinge. Sie wollten nicht mehr in ihr Herkunftsland zurückkehren, weil sie eine Verfolgung durch das kommunistische Regime befürchtete. Der Flüchtlingsstatus wurde 1951 gewährt.

Die Akten verzeichnen noch, dass beide zwei Jahre später Belgien verließen – wohin genau ist allerdings unklar. Möglicherweise suchten sie ihr Glück jenseits des Atlantiks.

 

Fotos von Eva Heller und ihrer Mutter Elisabet Mezei auf einem Registrierungsformular der Internationalen Flüchtlingsorganisation (IRO) in Brüssel

 

Digitalisierung hilft bei Erforschung jüdischer Migration

Für die Arolsen Archives ist die Digitalisierung der rund 3.000 Akten ein wichtiger Schritt. Sie ergänzen bereits in unserem Online-Archiv vorhandene umfangreiche IRO-Akten und zahlreiche Dokumente aus Konzentrationslagern. Dank der Kooperation mit dem belgischen Nationalarchiv können Forschende jetzt den Weg von jüdischen Migrantinnen und Migranten für die Zeit nach Ende des Zweiten Weltkriegs besser nachverfolgen und analysieren. Angelegt wurden die Akten bis Dezember 1946 von der belgischen Abteilung des „Intergovernmental Committee on Refugees”. Ab 1947 stammen die Unterlagen von der Internationalen Flüchtlingsorganisation (IRO).

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