80 Jahre Warschauer Aufstand: Neue Kampagne zur Effektenrückgabe in Polen

Am 1. August 2024 jährt sich der Ausbruch des Warschauer Aufstands zum 80. Mal. Die polnische Heimatarmee hatte sich an diesem Tag gegen die deutschen Besatzer erhoben. Bereits einige Monate vor dem Jahrestag starten die Arolsen Archives nun die Kampagne „Der Warschauer Aufstand. 100 unbekannte Geschichten“.

Im Sommer 1944 beginnen polnische Widerstandskämpfer*innen in Warschau einen Aufstand gegen die deutsche Besatzung. Über zwei Monate kämpfen sie gegen eine Übermacht deutscher Truppen, die den Aufstand schließlich niederschlagen und die Stadt fast vollständig zerstören. Die Nationalsozialisten töten mindestens 150.000 Kämpfer*innen und Zivilist*innen. Sie verhaften und verschleppen weitere zehntausende Menschen in Konzentrationslager, wo ihnen alle persönlichen Gegenstände, die sie im Moment ihrer Festnahme bei sich trugen, abgenommen werden.

 

Die unbekannten Geschichten des Warschauer Aufstands

Das Archiv in Bad Arolsen bewahrt noch etwa 100 Umschläge mit persönlichen Gegenständen von Menschen auf, die während des Aufstands aus Polens Hauptstadt deportiert wurden. Mit der Kampagne „Der Warschauer Aufstand. 100 unbekannte Geschichten” rufen die Arolsen Archives Institutionen, Schulen, Medien und Einzelpersonen dazu auf, dabei zu helfen, die Familien dieser Menschen ausfindig zu machen, um die Gegenstände zurück zu geben und das Schicksal der Opfer zu klären.

Die persönlichen Gegenständen von Warschauer*innen – darunter Fotos, Briefe und Schmuck – sind Teil einer Sammlung von über 2.000 Umschlägen, die noch in Bad Arolsen aufbewahrt werden.

 

Effekten von Zofia Strusińska (Arolsen Archives: 1.2.9.3 Effekten aus dem KZ Neuengamme / SUTINSKA, SOFIA)
Taschenuhr von Józef Hryncewicz (Arolsen Archives: 1.2.9.3 Effekten aus dem KZ Neuengamme / HRYNCEWICZ, JOSEF)

Letzte Erinnerungsstücke geliebter Menschen

100 Umschläge mit persönlichen Gegenständen von Warschauerinnen und Warschauern sind noch in Bad Arolsen und sollen nun zurückgegeben werden.

 

Die Effekten

Die SS verwahrte Taschenuhren und Eheringe, Fahrkarten, Füllfederhalter und Familienfotos in den Konzentrationslagern und Haftanstalten in sogenannten Effektenkammern. Anders in Vernichtungslagern im besetzten Polen und Weißrussland: Dort sammelten die Täter den Besitz der Ermordeten ein und transportierten ihn ab. Bei Kriegsende wurden die Effektenkammern in vielen Fällen zerstört und geplündert. Durch verschiedene Zufälle konnten aber einzelne Effektenbestände aus dem Konzentrationslager Neuengamme und dem Konzentrationslager Dachau sowie einigen anderen Haftorten gerettet und von den Alliierten sichergestellt werden. Bereits in der direkten Nachkriegszeit wurden die persönlichen Gegenstände an Überlebende oder die Familien der Ermordeten zurückgegeben – unter anderem auch durch Organisationen der ehemaligen Häftlinge. Oft gelang dies aber leider nicht.

 

Ziel: Persönliche Erinnerungsstücke zurückgeben und Schicksale klären

Der Direktorin der Arolsen Archives, Floriane Azoulay, ist es ein großes Anliegen, dass dieser persönliche Besitz den Familien zurückgegeben wird: „Wir haben es uns als Ziel gesetzt, durch die Kampagne anlässlich des 80. Jahrestags des Warschauer Aufstands wirklich alle 100 Familien zu finden und die für die Erinnerung so wertvollen Gegenstände an die Angehörigen zu übergeben. Denn sie gehören nicht dem Archiv, sondern den Familien“, erklärt sie.

Bei der Übergabe erhalten die Familien der NS-Opfer auch Kopien von Dokumenten aus den Arolsen Archives, die Aufschluss über das Schicksal ihrer Angehörigen geben. Die Familien erfahren oft erst aus diesen Unterlagen, was mit ihren Verwandten geschehen ist. „Wir versuchen also nicht nur, die letzten Erinnerungsstücke zurückzugeben, sondern auch gemeinsam mit den Angehörigen das Schicksal der Opfer zu rekonstruieren und ihr Andenken wiederherzustellen”, sagt Anna Meier-Osiński, Initiatorin der Kampagne „Der Warschauer Aufstand. 100 unbekannte Geschichten”.

Jetzt Spenden
Mehr erfahren