Wer waren die ersten Besucher und wie hat der ITS den Wandel organisiert? Nicole Dominicus ist heute Leiterin der Archivverwaltung. Bei der Archivöffnung 2007 war sie zuständig für Archivanfragen und Besucherbetreuung. Sie berichtet über die Zeit nach der Öffnung. Und wie schwierig historische Forschung zunächst war, als sich der International Tracing Service (ITS) begann, sich nicht nur als Suchdienst, sondern auch als Archiv zu verstehen.

Können Sie sich an die ersten Besucher und die ersten Anfragen nach der Archivöffnung erinnern?

Die ersten Anfragen kamen direkt nach dem Beschluss des Internationalen Ausschusses und den ersten Pressemeldungen zur Öffnung für die historische Forschung. Alles war anfangs provisorisch: von den Nutzungsbedingungen bis hin zum Besucherzimmer. Ich kann mich an den Besuch der Vorstandsmitglieder von „Stichting October44“ erinnern, die direkt im Herbst 2007 nach Bad Arolsen kamen. Sie reisten aus den Niederlanden an, da sie für ihr Gedenkbuch viele Namen recherchieren wollten. Wir stellten fest, dass sich auch Effekten von einigen der Angefragten in unserem Archiv befanden. Es entstand eine langjährige Zusammenarbeit bei der Effektenrückgabe. Bereits im Januar 2008 konnten die persönlichen Gegenstände an Familienangehörige ausgehändigt werden.

Wir erhielten sehr viele Anfragen, die meisten aus Deutschland, aber auch aus den USA, Frankreich und den Niederlanden: für Stolpersteinprojekte, von Heimatforschern und den ersten Gedenkstätten. Es ging größtenteils um Opferbiografien, da der ITS hier seine Metadaten zu Personalien aus den Digitalisierungsprozessen der einzelnen Bestände nutzen konnte. Themenrecherchen waren aufgrund von fehlenden Metadaten nur mit einigem Arbeitsaufwand möglich.

Welche Veränderungen ergaben sich für die Mitarbeiter?

Der direkte Kontakt zu den Besuchern war etwas ganz Neues. Wir hatten viele sehr beeindruckende Gäste beim ITS.

Natürlich änderte sich einiges: Im Sommer 2008 wurde für die Archivanfragen und Besucherbetreuung ein eigenes Referat innerhalb der Abteilung Archiv mit zwölf Mitarbeitern eingerichtet. Alle hatten anfangs unterschiedliche Bestands- und Dokumentenkenntnisse. Deshalb war Wissensaustausch zwingend erforderlich, um schnellstmöglich den neuen Antragstellern behilflich sein zu können.

Wie konnten Besucher das Angebot damals nutzen? Was hat der ITS getan, um die Suche zu erleichtern?

Nach dem improvisierten Start wurde alles professioneller: Ab Sommer 2008 gab es einen Leseraum mit acht bis zehn PC-Arbeitsplätzen. Die Datenbank mit den digitalisierten Dokumenten war im Aufbau. Zunächst standen nur die Bestände Inhaftierung, Zwangsarbeit und Nachkriegszeit sowie die Zentrale Namenkartei zur Verfügung. Der Bestand des IRO Care and Maintenance Programms (CM/1) aus der Nachkriegszeit fehlte noch. Erst nach und nach kamen auch die weiteren Bestände Kindersuchdienst und allgemeine Informationen hinzu. Die Korrespondenzakten waren noch kein Teil der Datenbank. Die Digitalisierung dieser Bestände begann erst 2010. Deshalb wurde anfangs noch oft mit Originaldokumenten gearbeitet. Bei Bedarf händigten wir Fotokopien aus oder stellten digitale Bilder nachträglich zur Verfügung.

Mit der Erschließung der Dokumentensammlung für historische Fragestellungen wurde begonnen, als der ITS Ende 2008 einen Archivar einstellte. Es wurde eine Erschließungsstrategie entwickelt, zu der auch digitale Findbücher gehörten. Zuvor konnten nur die Findmittel genutzt werden, die im Laufe der Zeit für die Sucharbeit erstellt worden waren. Auch heute arbeiten Nutzer übrigens noch damit. Die Erschließung ist ein aufwändiges Projekt.

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