Aus dem Archiv mitten in die Stadt: Die neue Wanderausstellung der Arolsen Archives informiert über das Projekt #StolenMemory. Im Mittelpunkt stehen persönliche Gegenstände von zehn ehemaligen KZ-Häftlingen. Präsentiert wird die Ausstellung in einem ausklappbaren Übersee-Container. Sie ist bis zum 11. August auf dem Kirchplatz in Bad Arolsen zu sehen und wandert danach für mindestens zwei Jahre durch Deutschland.

Ein Abschiedsbrief, der die Familie erst viele Jahrzehnte nach Kriegsende erreichte. Eheringe, Uhren, Fotos – teils an die Familien zurückgegeben, teils suchen die Arolsen Archives noch immer nach den rechtmäßigen Besitzern. Die persönlichen Gegenstände sind wie Fenster: Sie richten den Blick auf die Geschichten von Menschen, die von den Nationalsozialisten verhaftet und in Konzentrationslager deportiert wurden. Viele von ihnen überlebten Zwangsarbeit, Misshandlungen, Hunger und die schlechten hygienischen Verhältnisse in den Lagern nicht.

In den Arolsen Archives befinden sich noch über 2.500 persönliche Gegenstände (sogenannte Effekten) von ehemaligen KZ-Häftlingen. Diese gehören NS-Verfolgten aus über 30 Ländern, überwiegend aus Polen, Deutschland und der ehemaligen Sowjetunion. Die Effekten kamen in den 60er Jahren mit der Auflage in das Archiv nach Arolsen, sie an Überlebende oder die Familien von NS-Opfern zurückzugeben. Seitdem wurden viele Hundert ausgehändigt, doch die Suche gestaltete sich schwierig.

2015 startete eine neue Such-Kampagne

Als 2015 die Fotos und Namen online veröffentlicht wurden, gab es eine Welle der Hilfsbereitschaft bei der nun neu gestarteten Suche nach Angehörigen. Durch die Onlinestellung von Archivbeständen (Adressbücher von Stadtarchiven etc.) und auch durch Social Media bieten sich heute bei der aktiven Suche gute Möglichkeiten, Familien zu finden. Unterstützt von Freiwilligen aus vielen Ländern konnten die Arolsen Archives seitdem bis heute weit über 400 Effekten aushändigen.

Die neue Wanderausstellung #StolenMemory dokumentiert dieses wichtige und ungewöhnliche Projekt. Sie dient zum einen der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus und möchte dazu beitragen, das Wissen über die systematische Verfolgung von Millionen von Menschen wachzuhalten. Gleichzeitig können Interessierte ein Teil der Kampagne werden und dabei mithelfen, nach Familien zu recherchieren. In Polen ist es zuletzt Schülerinnen und Schülern gelungen, zwei Familien ausfindig zu machen.

Corona verhinderte den geplanten Start

In Bad Arolsen ist die Ausstellung sozusagen als Vorprämiere zu sehen. Die geplante Tournee hatte sich durch den Corona-Lockdown verschoben. Eigentlich sollte die Wanderausstellung direkt von Berlin aus, wo sie produziert wurde, zum ersten Ausstellungsort gebracht werden. Dann musste neu geplant werden, der Container kam zur Zwischenlagerung nach Bad Arolsen. So entstand die Idee der Vorprämiere – vor dem Start am 13. August in Meßkirch in Baden-Württemberg. „Wir freuen uns darüber, wie schnell und unbürokratisch die Aufstellung des Containers möglich gemacht wurde“, so Steffen Baumheier, stellvertretender Direktor der Arolsen Archives. „Herzlichen Dank an Jürgen van der Horst und alle, die uns dabei unterstützt haben.“

Die Wanderausstellung wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen der Fördermaßnahme „Kultur in ländlichen Räumen“ finanziert. Begleitet wird die Ausstellung von einer Website mit multimedialen Inhalten sowie pädagogischen Materialien für die schulische und außerschulische Bildung.

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