Besserer Zugang zum ITS Weltdokumentenerbe
Der International Tracing Service (ITS) ermöglicht einen immer besseren Zugang zu den zu 85 Prozent digitalisierten Dokumenten über NS-Verbrechen und deren Folgen. Im Rahmen des internationalen Workshops „Improving Access to the ITS Achives“ informierten sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Partnerinstitutionen des ITS in Bad Arolsen über Recherchemöglichkeiten im digitalisierten Archiv.
Bereits 2007 hat der ITS damit begonnen, Kopien des fortschreitend digitalisierten Archivs an Partnerinstitutionen auszuhändigen, um weltweit die Arbeit mit den Dokumenten des ITS zu ermöglichen. Die Direktorin des ITS, Floriane Hohenberg, möchte die sogenannten Copyholder zukünftig stärker unterstützen: „Wir haben vor, regelmäßig Workshops zu organisieren, um den Nutzerzugang international zu verbessern, denn wir sehen uns als Kern des Netzwerks rund um das digitale Archiv des ITS und als Vermittler von Knowhow.“
So kamen vom 21. bis zum 23. März 2016 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Partnerinstitutionen nach Bad Arolsen, um an einem Workshop teilzunehmen, den der ITS gemeinsam mit The Wiener Library, London, und dem United States Holocaust Memorial Museum, Washington, organisiert hatte. Es handelte sich um den zweiten Teil einer bis 2018 angelegten Workshop-Reihe der drei Institutionen.
Von den Erfahrungen lernen
Was sind die aktuellen Herausforderungen für die Nutzer des digitalen Archivs? Welche Suchstrategien und Hilfsmittel sind sinnvoll? Und: wie können die Partner von den Erfahrungen der Recherche-Teams des ITS profitieren? Dies waren die zentralen Fragen, um die es bei der Veranstaltung beim ITS ging. Dr. Henning Borggräfe, kommissarischer Leiter der Abteilung Forschung und Bildung im ITS, eröffnete die Veranstaltung mit einem Vortrag über die Struktur des ITS-Archivs und aktuelle Entwicklungen vor dem historischen Hintergrund. Unter Anleitung der ITS Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ging es in Arbeitsgruppen um die Zentrale Namenkartei des ITS als Schlüssel zu den Dokumenten, die Bestände zu Konzentrationslagern, Ghettos und anderen Orten der Inhaftierung, Dokumente zur NS-Zwangsarbeit sowie die Nachkriegszeit-Dokumente der Alliierten zu Displacement und Emigration. Nach Präsentationen mit Informationen zu diesen Beständen folgte in Kleingruppen die Arbeit mit konkreten Suchbeispielen, deren Ergebnisse anschließend im Forum diskutiert wurden.
„Ziel unserer Workshops ist der organisierte Austausch über die Herausforderungen und Möglichkeiten des digitalen Archivs“, erläuterte Christine Schmidt, Leiterin der Forschungsabteilung der Wiener Library in London. „Denn es gibt sehr viel voneinander zu lernen. Bei diesem zweiten Workshop in Bad Arolsen ging es darum, praktisch mit den ITS-Mitarbeitern zusammenzuarbeiten und sich über Lösungswege auszutauschen. Und das ist gelungen, alle haben viel dazugelernt.“
Enorme Forschungspotenziale
Der britische Historiker Dan Stone betonte in seinem Vortrag, die ITS-Sammlungen bildeten eine Hauptquelle für Themen, die noch nicht ausreichend wissenschaftlich erforscht seien: „Die gewaltigen Bestände des ITS erlauben inzwischen ein beispielloses Verständnis individueller Erfahrungen in den Lagern der Nazis, in den Displaced-Persons-Camps nach 1945 sowie der internationalen Flüchtlingspolitik im Kontext des Kalten Krieges.“ Er stellte sein auf drei Jahre angelegtes Forschungsprojekt „Tracing the Holocaust“ vor, das ausgehend von einer Darstellung der Aufgaben des ITS und unter Verwendung ausgewählter Archivbestände zeigen will, wie europäische Geschichte als gemeinsame Geschichte und nicht allein aus nationalen Perspektiven betrachtet werden muss.
Die Historikerin Suzanne Brown-Fleming, Leiterin des Programms für Gastwissenschaftler beim USHMM in Washington, stellte ihr aktuelles Buch „Nazi Persecution and Postwar Repercussions: The International Tracing Service Archive and Holocaust Research“ vor, das neue Einsichten bietet, wie Menschen unter den Bedingungen des Genozids Entscheidungen treffen, welche Faktoren sie bewegen und die weitreichenden Konsequenzen daraus. „Wir Copyholder sind Botschafter des ITS-Archivs“, so Brown-Fleming. „Wir müssen ein breiteres Bewusstsein für dieses bedeutende Archiv schaffen.“
Maßgeschneiderte Workshops für Partner
Alle elf Mitgliedstaaten des Internationalen Ausschusses des ITS sind berechtigt, eine digitale Kopie in ihrem Land bereitzustellen. Derzeit bieten sieben Partnerinstitutionen Nutzern den Zugang zu dem digitalisierten Dokumentenbestand des ITS an.
An dem Workshop in Bad Arolsen nahmen Vertreterinnen und Vertreter des Dokumentations- und Forschungszentrums über den Widerstand in Luxemburg, des Französischen Nationalarchivs, des Polnischen Nationalen Instituts des Gedenkens, der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem und des Instituts für Zeitgeschichte in München teil.
Der ITS wird künftig maßgeschneiderte Workshops für einzelne Copyholder anbieten. Den Auftakt macht 2016 eine Weiterbildung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Polnischen Nationalen Instituts des Gedenkens in Warschau.
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