Vorträge und eine Podiumsdiskussion zur Entwicklung des International Tracing Service (ITS) und den Zukunftsplänen begleiteten die 80. Sitzung des Internationalen Ausschusses für den ITS (IA/ITS), die in Luxemburg stattgefunden hat. Anlass war das bevorstehende zehnjährige Jubiläum seit der Öffnung des Archivs für die Forschung. „Ein guter Moment, um innezuhalten und Bilanz zu ziehen, aber auch voraus zu schauen“, sagte der scheidende Vorsitzende des IA, Paul Dostert aus Luxemburg. Die Vertreter der elf Mitgliedstaaten im IA zogen eine positive Bilanz: Erfolgreich sei der Wandel von einem Suchdienst zu einem Archiv in den vergangenen Jahren gelungen. Der ITS stelle sich den Herausforderungen des digitalen Zeitalters. „Der Kontrast zwischen damals und heute ist deutlich“, meinte Paul Shapiro vom United States Holocaust Memorial Museum (USHMM). Auch der IA habe sich gewandelt und hart daran gearbeitet, die Isolation des ITS zu überwinden. „Die Aufgabe war gewaltig. Doch wir haben als Ausschuss verstanden, wie wichtig der Zugang zu den Dokumenten ist“, sagte Shapiro. Heute ginge es vor allem darum, die Dokumente online zugänglich zu machen. „Wir müssen die Erwartungen der Nutzer erfüllen. Ein besserer Zugang wird die Transformation des ITS abschließen.“ Insbesondere in Osteuropa gebe es ein reges Interesse an der Aufarbeitung der Geschichte. „Die meisten Opfer waren schließlich Osteuropäer.“ Angesichts der Zunahme an Hassbotschaften komme dem ITS die wichtige Rolle zu, an der Absicherung einer sicheren Zukunft mitzuwirken. Frédéric Baleine du Laurens aus Frankreich erinnerte an die Aufnahme der Originale im Archiv des ITS in das UNESCO Weltdokumentenerbe im Jahr 2013. „Mit der Entscheidung ist dem ITS eine klare Verpflichtung auferlegt worden.“ Dies zeige sich vor allem in dem nun geplanten Bau eines modernen Archivgebäudes in Bad Arolsen. Andrej Misztal von der polnischen Delegation blickte zurück auf die Ausarbeitung des Berliner Abkommens zu den Aufgaben des ITS von 2011. „Es war eine außergewöhnliche Herausforderung, die Rolle des ITS neu zu definieren. Das Abkommen habe durchaus eine kreative Doppeldeutigkeit erfordert, insbesondere im Hinblick auf den ‚internationalen Charakter‘ der Einrichtung.“ Einige Aufgaben müsse der ITS noch mit Leben füllen. „Doch die Einrichtung entwickelt sich. Sie ist keineswegs statisch.“ Der israelische Gesandte Aharon Leshno-Yaar, der 2004 und 2014 Vorsitzender des IA war, berichtete von seinen persönlichen Erfahrungen mit dem ITS. „Ich habe dank der Dokumente mehr über das Schicksal meines Vaters und seiner Familie aus Polen erfahren können. Mein Vater selbst hat nie über die Zeit der Shoah gesprochen.“ Die Dokumente hätten ihn inspiriert weiter zu forschen und den Geburtsort des Vaters zu besuchen, erzählte der Botschafter. Es sei schwierig gewesen, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), das bis Ende 2012 den Direktor des ITS stellte, von der Notwendigkeit einer Öffnung des Archivs zu überzeugen. Doch dies sei ein entscheidender Schritt gewesen. „Junge Israelis interessieren sich sehr für das Thema, und der ITS ist eine wichtige Quelle.“ ITS-Direktorin Floriane Hohenberg betonte das Potenzial der Dokumente im Archiv des ITS. „Wie vermitteln wir den jungen Menschen die individuellen Erfahrungen und Geschichten, die sich in dem einmaligen Bestand des Archivs befinden? Wie können wir das Wissen um Verfolgung und Neuanfang nutzen für die heutige Zeit?“ Dafür müsse sich der ITS weiter verändern und der IA die richtigen Fragen stellen. „Wir brauchen moderne Technologien mit einem Fokus auf Online-Datenbanken und eine klare Positionierung des ITS.“ Die Relevanz der Dokumente für die Gestaltung der Zukunft in Europa betonte auch Pieter Jan Wolthers, der seit dem 15. Juni 2017 Vorsitzender des IA ist. „Wir wollen den Zugang zu den Dokumenten erleichtern, einen Mehrwert für die Nutzer erbringen und das Netzwerk des ITS ausbauen.“
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