Annelies Sijtsma-Hoezen ist eine der Freiwilligen, die dem International Tracing Service (ITS) dabei helfen, Angehörige als rechtmäßige Besitzer der persönlichen Gegenstände von KZ-Häftlingen zu finden. Sie hat 2015 direkt nach der Veröffentlichung der Fotos und Namen im ITS-Online-Archiv angefangen zu recherchieren. Mittlerweile hat sie rund 30 Familien ausfindig gemacht. Nicht immer möchten die Menschen an die Nazizeit und den Verlust ihrer Angehörigen erinnert werden. Doch oft bedeuten die Rückgaben den Familien sehr viel. Annelies Sijtsma-Hoezen berichtet, weshalb sie für den ITS recherchiert und wie sie bei der Suche vorgeht.

Was hat Sie motiviert, den ITS zu unterstützen und nach Familienangehörigen von ehemaligen KZ-Häftlingen zu suchen?

Ich habe in den Niederlanden einen Artikel über das Notizbuch von Rudy de Wijs gelesen. Ich kannte das ITS-Archiv bis dahin nicht und entdeckte, wie viele wertvolle persönliche Gegenstände sich dort noch befinden, die eigentlich den Familien gehören. Ich finde es furchtbar, dass man sie den Menschen weggenommen hat. Dabei geht es nicht um den materiellen Wert, sondern um den emotionalen Wert. Zu wissen, dass jemand diese Dinge bei sich trug, die ihm oder ihr wichtig waren und sie ihnen dann abgenommen wurden, finde ich schrecklich. Ich habe großen Respekt vor den Mitarbeitern beim ITS Arolsen, die all diese Besitztümer fotografiert und archiviert haben!

Als ich die Fotos der Gegenstände gesehen habe, hat mich das motiviert, die Familien zu finden. Ich halte es für sehr wichtig, dass die Eheringe, Uhren, Fotos, Briefe und Brieftaschen zurück zu den Familien kommen. Es ist ein Teil ihrer Familiengeschichte. Wenn ich die persönlichen Dinge sehe, habe ich die ehemaligen Häftlinge vor Augen. Durch die Familien erfahre ich, wie wichtig es ist, diesen Besitz zurückzuerhalten. Manchmal haben sie nach dem Krieg nichts von ihren Vätern, Brüdern oder Onkeln gehört, aber mit ihrem persönlichen Gut kehrt ein Teil von ihnen zurück nach Hause.

Wie gehen Sie bei Ihren Recherchen vor?

Wenn ich einen Namen im Online-Archiv des ITS sehe, suche ich in Archiven (zum Beispiel über online veröffentlichte Zeitungen oder Meldekarten bei den Städten) um mehr über die Familie, Verwandte, Brüder oder Schwestern zu finden … Ich suche im Internet und es ist wie bei einem Puzzle: Ich versuche möglichst viele Treffer mit den Details zu einer Person zu bekommen, wie den Ort, den Beruf oder Namen von Familienangehörigen. Manchmal waren die Nachnamen falsch geschrieben. Mit der Hilfe von der „Stichting vriendenkring Neuengamme” habe ich dann die richtigen Namen gefunden.

Können Sie sich an einen besonderen Moment erinnern, wenn Sie Kontakt zu den Familien aufgenommen hatten?

Einer meiner ersten „Funde“ war die Familie von Peter Will. Es war für mich etwas ganz Besonderes, mit den Söhnen Kontakt zu haben. Der Brief im Archiv war für die Familie voller Emotionen, denn es war eine Art von Abschiedsbrief. Peter Will hatte keine Möglichkeit nach seiner Verhaftung den Brief an seine Frau und Kinder schicken. Durch die Recherche und die Rückgabe konnten die Söhne den Brief dann in ihren Händen halten.

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