Isabel Panek, Henning Borggräfe und Christian Höschler bereiten – beraten von einem Expertenteam erfahrener Kuratoren – die erste Dauerausstellung über die Geschichte und Gegenwart des ITS für 2019 vor. Im Gespräch erklären sie, welche Themen im Fokus stehen werden und welche Herausforderungen sich ihnen stellen.

Welche Themenschwerpunkte hat die Ausstellung?

Borggräfe: Wir haben vier Schwerpunkte gewählt: Erstens die weitverzweigte Suche nach Vermissten und Dokumenten in der unmittelbaren Nachkriegszeit, die von den Überlebenden der NS-Verfolgung und den Alliierten initiiert wurde – hin zur Gründung des ITS. Daran anschließend skizzieren wir den Wandel der Suchtechniken und der Auskunftserteilung des ITS bis hin zu heutigen Anfragen. Unser dritter Schwerpunkt ist das Archiv; hier wollen wir erklären, wie das spezifische ITS-Archiv entstanden ist. Ein weiterer Fokus wird auf dem Verhältnis des ITS zur Öffentlichkeit liegen, also etwa der Frage, warum er ab den späten 1970er Jahren abgeschottet war und sich in den letzten Jahren geöffnet hat.

Sie stellen also nicht einfach die bedeutendsten Stücke Ihrer Sammlung aus?

Panek: Nein, und das ist das Besondere an dieser Ausstellung: Wir werden eher die Arbeitsweise beleuchten und uns kritisch damit auseinandersetzen.

Und was stellen Sie dann aus?

Panek: Das ist eine der großen Herausforderungen bei unserer Vorbereitung. Wir wollen die Entstehung des spezifischen historischen ITS-Archivs erklären und die Komplexität der Arbeitsabläufe zeigen, die ja zunächst für viele langweilig scheinen. Deshalb wollen wir diese visualisieren. Zusammen mit der Agentur gewerkdesign entwerfen wir Stationen, die innerhalb der vier Themenbereiche Dokumente und Animationen für die Besucherinnen und Besucher kombinieren.

Was wird man noch sehen können?

Höschler: Wir werden Dokumente aus dem ITS-Bestand faksimiliert zeigen sowie historische Fotografien. Einige Exponate stammen auch aus anderen Archiven. Das meiste wird also „Flachware“ sein, umfangreiche Transportlisten etwa präsentieren wir aber dreidimensional, z.B. als Stapel, um die Dimensionen zu verdeutlichen. Als zentrales Exponat stellen wir über die komplette Rückwand des Raums die alten Schachteln der Zentralen Namenkartei aus – den Schlüssel zum Archiv.

Die ist beim Umzug ins Zwischenarchiv in moderne Archivboxen umgebettet worden...

Höschler: Ja, und seit wir digital arbeiten, suchen wir nicht mehr händisch über diese Karteikarten.

Borggräfe: Von den 30.000 Schachteln werden selbst an der 15 Meter breiten Wand höchstens ein Sechstel Platz finden.

Die Ausstellung will also vor allem Ausmaß und Art der ITS-Arbeit vor Augen führen.

Panek: Ja zum einen, aber nicht nur. Denn es geht ja immer auch um die Schicksale von etwa 17,5 Millionen Menschen, zu denen sich Hinweise im ITS-Archiv befinden. Natürlich müssen und werden sie exemplarisch ihren Raum erhalten. Wir stellen zum Beispiel Fotos und biografische Dokumente zusammen: zu Verfolgungsgeschichten, aber auch zum Leben davor und danach. Damit die Besucherinnen und Besucher auch von den Folgen der Naziverbrechen für diese Menschen erfahren.

An wen wenden Sie sich hauptsächlich mit Ihrem Konzept?

Borggräfe: Die Dauerausstellung ist erster Anlaufpunkt für alle, die sich beim ITS informieren wollen. Die Zielgruppe ist deshalb sehr breit.

Panek: Wir sprechen die lokale Bevölkerung an, Schulklassen, Touristen und selbstverständlich besonders Überlebende und Familienangehörige von NS-Opfern sowie Forschende. Die Texte formulieren wir also möglichst verständlich und auf Deutsch und Englisch. Zudem bieten wir ein Begleitprogramm mit Führungen und Workshops für Schulen an.

Wie ist die Ausstellung räumlich geplant?

Höschler: Wir haben einen 150 Quadratmeter großen Raum für die Ausstellung und einen angrenzenden Raum für Workshops. Die thematischen Module kann man später einfach erweitern.

Panek: Der Raum befindet sich in einem alten Kaufhaus auf der Schloßstraße, das mit den großen Fenstern einen Bezug zur Stadt herstellt. Diese können wir von außen bereits derart gestalten, dass Passanten einen Einblick und Lust auf einen Besuch bekommen – eine schöne Vorlage, um die heutige Offenheit des ITS darzustellen.

Borggräfe: ...und den ITS im Umbruch: Denn obwohl es sich ja um eine Dauerausstellung handelt, ist sie zugleich Provisorium. Sie wird später ins neue Archivgebäude umziehen.

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