Am 7. Februar 1950 verließ die „Fair Sea“ den Hafen von Neapel in Italien auf dem Weg nach Australien. Mit an Bord war Anton Suschinsky. Der 35-Jährige fuhr einem neuen Leben entgegen. 67 Jahre später haben sich seine Kinder aufgemacht, um nach seiner Herkunft und den Spuren ihres Vaters in Europa zu suchen.

Erstmals hatten Anna-Maria Shaw, Margaret Voight und Dominik Suschinsky im Jahr 2014 vom International Tracing Service (ITS) gehört und direkt beschlossen einen persönlichen Besuch in Bad Arolsen einzuplanen. Im Mai 2017 nahmen sie jetzt Einblick in die Originalunterlagen, die es zu ihrem Vater im Archiv des ITS gibt. Es handelt sich um Dokumente aus der Nachkriegszeit, die seine Registrierungen als Displaced Person durch die alliierten Hilfsorganisationen in Bayern sowie seine Auswanderung über Italien nach Australien belegen. „Unsere Familie ist durch den Krieg auf drei Kontinente verteilt worden“, berichten die Kinder von Anton Suschinsky. „Unser Vater sprach wenig über seine Erlebnisse. Kaum einer tat es. Wir haben alle dasselbe Problem, dass wir so gut wie nichts wissen.“ Auch die Dokumente enthalten teils unterschiedliche Angaben. So wechseln sich als Geburts- und Wohnort Bobrujsk im heutigen Weißrussland und Minsk Mazowiecki in Polen ab.

Deshalb recherchierte die Familie in verschiedenen Archiven, im Internet und im Gespräch mit Zeitzeugen, um über die einzelnen Puzzleteile ein Gesamtbild zu gewinnen. Bei seiner Ankunft in Australien hatte Anton Suschinsky gegenüber den Einwanderungsbehörden angegeben, dass er im April 1942 als Zwangsarbeiter nach Berlin gekommen sei. Er habe an der Produktion von Eisenbahnwaggons mitgewirkt. Weitere Stationen seien Fabriken in Frankfurt/Oder und Küstrin gewesen. Anfang 1945 ist er schließlich in Holzhausen durch die Alliierten befreit worden. Zu dem Zeitpunkt arbeitete er als Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft. „Hier haben wir sogar einen Zeitzeugen gefunden“, freut sich Dominik, der mit seinen beiden Schwestern alle Orte besucht, die in Dokumenten auftauchen oder von denen der Vater gesprochen hatte.

Angesichts des Schweigens war die Sorge der Kinder groß, was dem Vater während der Kriegszeit widerfahren sei. „Es tut gut, mehr zu wissen. Die Informationen beim ITS und in anderen Archiven bestätigen die wenigen Äußerungen unseres Vaters“, sagt Anna-Maria Shaw. „Das freut uns sehr. Wir können gar nicht in Worte fassen, wie dankbar wir sind.“

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