Drei Tage lang haben 15 Forscher aus Deutschland und Österreich Einblick in das Archiv des ITS genommen. Die Studierenden und Doktoranden werden die Ergebnisse ihrer Recherchen für Masterarbeiten und Dissertationen nutzen. Den Workshop veranstaltete der International Tracing Service (ITS) vom 10. bis 12. Oktober 2017 in Zusammenarbeit mit dem Jack, Joseph and Morton Mandel Center for Advanced Holocaust Studies am United States Holocaust Memorial Museum (USHMM).

Studierende und Doktoranden verschiedener geisteswissenschaftlicher Disziplinen waren von dem Workshop unter dem Titel: „Einführung in die Archivbestände des International Tracing Service (ITS) und in die Recherche im Digitalen Archiv des ITS“ angesprochen, so dass es eine breite Vielfalt an Themen und Interessen gab. Gegenstand des Seminars war die historische Sammlung des ITS mit über 30 Millionen Dokumenten zur Verfolgung im Nationalsozialismus und zu seiner Wirkungsgeschichte. Während des Seminars erhielten die Teilnehmenden eine Einführung in die Geschichte des ITS und in die Archivbestände. Zudem bekamen sie einen Überblick über die Möglichkeiten der Forschung im digitalen Archiv, der Fachbibliothek sowie zu verschiedenen Angeboten des Mandel Center und des Projekts der European Holocaust Research Infrastructure (EHRI).

Auch ein reger Austausch über die Rechercheergebnisse zu eigenen Projekten war Bestandteil des Programms. So forscht etwa Paula Oppermann derzeit für ihre Dissertation zu „Schlüsselfiguren lettischer Kollaboration im Zweiten Weltkrieg“ an der University of Glasgow. Sie beschäftigte sich im Archiv des ITS vor allem mit Unterlagen aus den Camps für Displaced Persons. „Besonders interessant waren die Aussagen der Kollaborateure gegenüber den Allliierten“, sagt die Doktorandin. „Es waren keine direkten Lügen, aber doch eine interessante Darstellung des Geschehens.“ Die Betreuung und die Möglichkeiten der Recherche seien wunderbar gewesen. „Ich habe noch nicht alles ausgeschöpft. Ein weiterer Besuch des ITS-Archivs wird sich lohnen.“

Philipp Dinkelaker plant eine Dissertation zum „Umgang mit jüdischen ‚Kollaborateuren‘ in der deutschen Nachkriegszeit“ am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin, wobei er einen Schwerpunkt auf die Ehrengerichte und Strafverfahren legt. „Der hohe moralische Anspruch an den Opferbegriff, der sich nach 1945 etablierte, ließ sich mit der Realität der Shoah nicht immer in Einklang bringen“, erzählt Dinkelaker. Und nicht nur die Lebensgeschichte während des Krieges, sondern auch das Verhalten nach dem Kriegsende sei bewertet worden. So habe etwa der Schmuggel einer Zigarettenpackung gereicht, um den Anspruch auf Entschädigung zu verlieren. „Das Archiv des ITS ist für meine Recherchen sehr hilfreich“, sagt der Doktorand. „Ich habe schon einige Forscher davon schwärmen hören, dass man hier die Rechercheergebnisse direkt auf einem Stick mitnehmen kann.“

Henning Borggräfe (ITS) und Betsy Anthony (USHMM) zeigten sich mit dem Verlauf der Veranstaltung und der engagierten Beteiligung der Teilnehmer*innen sehr zufrieden. Eine Wiederholung des Formats im kommenden Jahr ist vorgesehen.

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