Häftlingsgruppen im KZ: So stigmatisierten die Nazis ihre Opfer

Sechs Spalten und fünf Zeilen – mehr brauchten die Nationalsozialisten nicht, um Menschen in den Konzentrationslagern in teils herabwürdigende Kategorien einzuteilen. Eine der wenigen erhaltenen Schautafeln zu den jeweiligen Kennzeichen kam nach dem Krieg aus dem befreiten KZ Dachau in die Sammlung der Arolsen Archives.

Anfangs markierte die SS Häftlinge in den einzelnen Konzentrationslagern noch unterschiedlich, etwa durch verschiedene Kleidung, oder Haarschnitte.  Ab Ende der 1930er Jahre setzte sich überall die Markierung mittels farbiger Stoffdreiecke (Winkel) auf der Kleidung durch. So sollten die Häftlinge direkt anhand ihres „Haftgrunds“ erkennbar sein, beispielsweise als „Asoziale“. Die Zuordnung in eine Gruppe konnte willkürlich sein, um jemanden besonders zu demütigen. Und die Häftlinge selbst hätten sich oft nicht als Teil dieser Gruppe beschrieben.

 

Eine Schautafel für die KZ-Winkel

Die KZ-Häftlinge mussten neben der Häftlingsnummer verschiedenfarbige Winkel auf ihre Jacken und Hosen nähen. Auf Schautafeln hielten die Nationalsozialisten fest, welcher Winkel welche Häftlingsgruppe kennzeichnen sollte. Nach dem Krieg kam eine dieser Tafeln aus dem befreiten KZ Dachau zu den Arolsen Archives und wird dort bis heute aufbewahrt.

 

Die KZ-Häftlinge mussten die Winkel auf der Kleidung tragen (KZ Sachsenhausen, 1938). Foto: NARA

Kennzeichentafel aus dem KZ Dachau

Heute wird kaum ein anderes Dokument so regelmäßig in Publikationen über Konzentrationslager abgebildet wie dieses Plakat.

 

 

Roter Winkel für politische Häftlinge

Sozialdemokrat*innen, Kommunist*innen, Gewerkschafter*innen und andere Personen, in denen die Nationalsozialisten politische Gegner sahen, trugen einen roten Winkel. Oft konnte schon ein Witz über Hitler oder eine Denunziation ausreichen, um als „Politischer“ inhaftiert zu werden. Grüne Winkel wurden an die sogenannten Berufsverbrecher verteilt. Zu dieser Gruppe gehörten auch viele Menschen, die mehrmals wegen kleinerer Delikte verurteilt worden waren und nicht in das Bild der NS-Gemeinschaft passten.

 

Häftlingspersonalkarte Willi Apel (Foto: Arolsen Archives)

 

Separate Gruppe für die Zeugen Jehovas

Der blaue Winkel stand für Emigranten, also für deutsche Staatsbürger, die nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 zunächst ihre Heimat verlassen hatten, dann aber zurückgekehrt waren und deswegen unter Spionageverdacht standen. Weil sich die Zeugen Jehovas, die damals als Bibelforscher bezeichnet wurden, aus religiösen Gründen weigerten, Mitglied in einer NS-Organisation zu werden oder Wehrdienst zu leisten, wurden sie verfolgt und mussten in den KZ einen lila Winkel tragen.

 

Willkürlich stigmatisiert als „asozial“

Homosexuelle Häftlinge erkannte man an einem rosa Winkel. Der schwarze Winkel schließlich war für all jene vorgesehen, die in den Augen der Nationalsozialisten als „Asoziale“ galten, also zum Beispiel Obdachlose, Bettler oder Menschen ohne feste Arbeit. Später kam noch der braune Winkel für Sinti und Roma hinzu. Für Häftlinge, die die Nationalsozialisten als „jüdisch“ definierten, gab es keine „eigene“ Kategorie. Sie waren formal immer einer Gruppe wie den politischen Häftlingen oder den „Asozialen“ zugeordnet. Um dennoch als jüdisch erkennbar zu sein, mussten diese Menschen unter dem farbigen Winkel einen umgedrehten gelben Winkel tragen, sodass ein „Davidstern“ entstand.

 

Häftlingspersonalkarte Anna Weinicht (Foto: Arolsen Archives) 

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