Joël J. Cahen, Historiker, Kurator und ehemaliger Direktor des Jüdischen Historischen Museums in Amsterdam sowie Gründer des niederländischen Nationalen Holocaust-Museums, hat sich im Juli 2017 beim International Tracing Service (ITS) über die aktuellen Aufgaben und den Stand der Digitalisierung des ITS-Archivs informiert. Diesen bewertete er äußerst positiv: „Die fortschreitende Digitalisierung von Dokumenten und Zeitzeugnissen hilft Menschen, einen schnelleren Zugang zu Archivbeständen zu bekommen. Und damit auch, die Details der eigenen Geschichte und die Ereignisse der Nazi-Zeit und des Holocaust besser erforschen zu können.“

Steffen Baumheier, stellvertretender Direktor beim ITS sowie die Abteilungsleiter Christian Groh und Anna Meier-Osiński sprachen mit Cahen über die lang- und kurzfristigen Ziele des ITS. Ein Thema dabei: Die hohe Anzahl von Anfragen, die der ITS erhält und so schnell wie möglich beantwortet. Davon konnte sich der Gast bei der Besichtigung des Archivs der über drei Millionen Korrespondenzakten selbst ein Bild machen. Diese Akten beinhalten die Briefwechsel zwischen dem ITS, Überlebenden der nationalsozialistischen Verfolgung und ihren Familienangehörigen sowie Behörden. Joël J. Cahen zeigte sich beeindruckt: „Jede dieser Akten erzählt uns etwas über die Geschichte eines Holocaust-Opfers und der NS-Zeit.“

Der Niederländer war unter anderem mehr als zehn Jahre Direktor des Jüdisch Historischen Museums in Amsterdam. Für die Arbeit des ITS interessiert er sich aber auch vor dem eigenen familiären Hintergrund: Seine jüdische Familie und die Eltern einiger nichtjüdischer Freunde wurden von den Nationalsozialisten deportiert, in Konzentrationslagern inhaftiert und ermordet. „Ich bin die zweite Generation nach dem Holocaust“, erzählt er. „Wir kennen die Geschichte sehr gut. Für mich selbst habe ich manchmal gedacht ‚es reicht‘. Aber die dritte und vierte Generation möchte alles ganz genau wissen. Sowohl die Opfer, als auch die Täterkinder.“

Cahen ist überzeugt, dass die heutige Generation mit einer Kombination aus digitalen und analogen Projekten erreicht werden kann. Er verweist auf die erfolgreiche Initiative von Isaac Lipschitz: Ein Denkmal für die niederländischen Opfer des Holocausts, das im jüdischen kulturellen Viertel sowie im Internet zu sehen ist (www.joodsmonument.nl). „Erste Informationen holen sich Menschen heute im Internet, dort müssen wir sie abholen und an historische Orte führen.“

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