Jugendliche setzen ein Zeichen gegen das Vergessen von NS-Opfern
Stipendiat*innen der START-Stiftung rufen mit der Aktion #start2remember ein ehrgeiziges Ziel aus: innerhalb von drei Wochen mindestens 10.000 Häftlingskarten und andere Hinweise auf NS-Opfer im Rahmen der Crowdsourcing-Initiative #everynamecounts der Arolsen Archives zu digitalisieren.
- Eine etwas andere Challenge: Von heute, dem 25. März 2021, bis zum 16. April 2021 setzen START-Stipendiat:innen ein Zeichen gegen Diskriminierung, Verfolgung und Mord – früher und heute. Ihr Ziel: mindestens 10.000 Namen von Opfern des Nationalsozialismus in das wachsende Online-Archiv der Arolsen Archives einzutragen.
- Kato Uso, 20-jähriger Schüler aus Minden und START-Stipendiat, hatte die Idee zu der Aktion. Er ist 2015 aus Syrien nach Deutschland gekommen. Nun setzt er sich gegen das Vergessen von Unrecht ein.
- In den Arolsen Archives befinden sich rund 30 Millionen Dokumente sowie Hinweise auf die Schicksale von rund 17,5 Millionen NS-Opfern. Das Crowdsourcing-Projekt #everynamecounts hat zum Ziel, diesen Menschen ein ewiges, digitales Denkmal zu setzen.
„Die Shoah hat mich schon immer erschüttert”, sagt Kato Uso. „An sie zu erinnern und die Opfer nicht zu vergessen, ist für meine und jüngere Generationen sehr wichtig, denn auch in der gegenwärtigen Zeit werden Menschen von rechtsextremen Ideologen radikal attackiert und auch getötet.” Deshalb hat er sich als Antwort auf den öffentlichen Aufruf #everynamecounts der Arolsen Archives eine Aktion überlegt, die den Aufbau des weltweit größten Online-Archivs über die von den Nationalsozialisten verfolgten und ermordeten Menschen unterstützt. Mit der Kampagne #start2remember will er während der Osterferien vom 25. März bis zum 16. April 2021 möglichst viele der etwa 3.000 aktuellen und ehemaligen Stipenidat*innen der START-Stiftung zum Mitmachen aktiveren. „Aufgrund der Pandemie sitzen doch sowieso alle zuhause, dann können wir die Zeit auch gemeinsam sinnvoll nutzen. Denn: Alleine schaffe ich vielleicht 100 Namen – gemeinsam schaffen wir 10.000”, erklärt Uso seine Motiviation. Mit der Kampagne möchte er außerdem andere dazu anstiften, dem Vorbild der START-Community zu folgen.
#start2remember schlägt eine Brücke von der Vergangenheit ins Heute
Gemeinsam mit anderen Mitstipendiat:innen organisiert Uso rund um die Aktion veschiedene digitale Veranstaltungen: zur Information, zur Diskussion mit Zeit- und Zweitzeug:innen der Shoah und zum Austausch untereinander. Aufgerufen mitzumachen sind alle aktuellen und ehemaligen Stipendiat:innen von START. „Vor allem vor den Eindrücken rund um die Morde in Hanau und Halle ist es vielen wichtig, sich aktiv gegen Antisemitismus und Rassismus und für eine offene Gesellschaft einzusetzen. Deshalb machen bestimmt viele bei der Aktion mit”, ist sich Uso sicher.
Erinnerungskultur im 21. Jahrhundert
Die Arolsen Archives sind mit über 30 Millionen Dokumenten das weltweit umfassendste Archiv über Opfer und Überlebende des Nationalsozialismus. Viele Dokumente, wie zum Beispiel die Häftlingspersonalkarten, sind bereits gescannt, aber die Angaben müssen noch in eine Datenbank eingetragen (indiziert) werden, damit sie online auffindbar sind. Seit April 2020 rufen die Arolsen Archives unter #everynamecounts zur Mithilfe auf. Diese enorme Aufgabe bietet auch einen ganz neuen Zugang des Erinnerns und der Auseinandersetzung mit den Greueltaten der Nationalsozialisten: „Unsere Freiwilligen berichten, dass es eine sehr emotionale Erfahrung ist, denn hinter jeder Häftlingsnummer steht eine Identität”, sagt Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen Archives. Um sicherzugehen, dass die Dokumente richtig übertragen werden, wird jedes Dokument von drei unterschiedlichen Helfer:innen bearbeitet. Insgesamt 3,5 Millionen Dokumente wurden seit Beginn der Aktion bereits erfasst. Geht es nach Kato Uso kommen nach Ostern mindestens 10.000 weitere dazu. „Wir sind begeistert von Katos Einsatz für #everynamecounts und die Unterstützung der START-Stiftung. Unser digitales Denkmal wird in den nächsten Wochen schnell wachsen”, ist sich Azoulay sicher.
#start2remember wird im Rahmen des START-Punkt.-Projekts aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.
Über den Initiator Kato Uso
Kato Uso ist seit 2019 Stipendiat und einer der START-Regionalsprecher*innen in Nordrhein-Westfalen. 2015 ist er aus Syrien nach Deutschland gekommen und lebt seitdem in Minden. „Wie kann man Menschen wegen einer bestimmten Herkunft, Kultur, Religion oder auch ihres Aussehens so sehr hassen, dass man sie umbringt?” Diese Frage treibt den 20-jährigen Schüler schon lange um. Als START-Stipendiat ist ihm der Einsatz für eine lebendige Demokratie wichtig. Dass dabei auch die Stimmen der Jugendlichen gehört werden, dafür setzt er sich unter anderem als Schülersprecher in seiner Schule, dem Freiherr-vom-Stein-Berufskolleg, ein. Und auch außerhalb der Schule ist er engagiert: Er trainiert Kinder ehrenamtlich im Projekt “Offene-Sporthalle”, organisiert Fußballturniere im Stadtteil Rodenbeck in Minden und bringt sich auch hier als Jugendvertreter in einer städtischen Steuerungsgruppe für das Sport- und Bewegungsangebot im Stadtteil ein.
Bei Interesse vermitteln wir gerne ein Interview mit Kato Uso.