Das Jahrbuch 2017 des International Tracing Service (ITS) ist erschienen. Es thematisiert das Schicksal von Kindern und Heranwachsenden, die die nationalsozialistische Verfolgung und Zwangsarbeit überlebt haben. „Sie waren am verwundbarsten und hatten jedes Gefühl für ein Zuhause verloren“, so Henning Borggräfe, Leiter der Abteilung Forschung und Bildung beim ITS. „Wir möchten mit dem Jahrbuch ihre Lebenssituation darstellen und das Thema stärker in den Fokus von Forschung und Bildung rücken.“

Dieses Anliegen teilt auch Nina Ritz, Leiterin des Max Mannheimer Studienzentrums und Mitherausgeberin: „Die historisch-politische Bildungsarbeit zum Nationalsozialismus sollte nicht mit der Befreiung der Konzentrationslager enden. Jugendliche interessieren sich sehr für die Zeit nach Kriegsende.“

Als sogenannte Displaced Persons (DPs) suchten die Kinder und Jugendlichen nach dem Ende des Nationalsozialismus zunächst überlebende Familienangehörige. Sie brauchten eine Lebensperspektive und in vielen Fällen eine neue Heimat. Es gab minderjährige Überlebende des Holocaust, Überlebende des Massenmordes an den Sinti und Roma sowie etwa 1,5 Millionen unbegleitete Minderjährige allein unter den ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern. Hinzu kamen verschleppte Kinder des „Lebensborn“, die zur Eindeutschung ihrer Identität beraubt worden waren.

Das nun erschienene Jahrbuch bietet Einblicke in die Nachwirkungen des Holocaust, der NS-Verfolgung und der Zwangsarbeit und stellt die Arbeit alliierter Hilfsorganisationen nach 1945 dar. Darüber hinaus bieten die Autorinnen und Autoren Ansätze für die historisch-politische Bildungsarbeit zu DPs. „Angesichts der aktuellen Migrationsbewegung und der großen Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge gewinnt die Auseinandersetzung mit den sozialen und politischen Herausforderungen am Ende des Zweiten Weltkriegs auch für die Gegenwart neue Relevanz“, sagte Henning Borggräfe. „Das Thema hat sehr großes Potenzial, Jugendlichen anhand von konkreten biografischen Beispielen die Individualität von (Über-) Lebenswegen zu verdeutlichen,“ so Nina Ritz.

Die Beiträge des Jahrbuchs dokumentieren eine internationale wissenschaftliche Tagung, die vom 30. Mai bis 1. Juni 2016 im Max Mannheimer Studienzentrum in Dachau stattgefunden hatte. Das Jahrbuch ist im Wallstein Verlag Göttingen in englischer Sprache erschienen. Mit der 2012 begonnenen Reihe will der ITS auf Potenziale der Archivbestände für unterschiedliche Ansätze in Forschung und Bildung aufmerksam machen.

Freilegungen: Rebuilding Lives – Child Survivors and DP Children in the Aftermath of the Holocaust and Forced Labor; Bd. 6

Herausgegeben von Henning Borggräfe, Akim Jah, Nina Ritz und Steffen Jost
29,90 Euro (D), Preis inkl. MwSt zzgl. Versandkosten
288 Seiten, 26 Abbildungen
ISBN: 978-3-8353-3014-6 (2017)

Demnächst auch als E-Book erhältlich.

http://www.wallstein-verlag.de/9783835330146-freilegungen.html

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