Danny und Nurit Kononowicz aus Israel sind mit einer langen Liste von Namen zum ITS gereist, denn zahlreiche Familienangehörige von Nurit waren ab 1942 von der Gestapo aus der jugoslawischen Stadt Nowi Sad deportiert worden. Zu vier Schicksalen befinden sich Dokumente im Archiv des ITS.

„Wenn wir das nächste Mal in Israel den Holocaust-Gedenktag Yom HaShoah begehen, werden wir unseren Kindern und Enkelkindern etwas mehr über ihre Familie erzählen können.“ Danny Kononowicz schaut mit seiner Frau Dokumente durch, die Auskunft über das Schicksal ihrer Mutter, ihres Vaters und ihrer Tanten geben. Sie hatten die NS-Verfolgung überlebt. Was mit einer Reihe anderer jüdischer Verwandter nach der Deportation geschah, wird vermutlich nie geklärt werden können. In einigen Fällen wissen sie von den Überlebenden, dass der Weg im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau direkt von der Rampe in den Tod geführt haben muss.

Die meisten Familienmitglieder waren ab dem 26. April 1944 aus Novi Sad im damaligen Jugoslawien verschleppt worden. Die Gestapo hatte die Synagoge zu einem Sammellager umfunktioniert und innerhalb von sieben Tagen 1.900 jüdische Männer, Frauen und Kinder auf Transporte in Richtung Auschwitz und weiterer Konzentrations- und Vernichtungslager geschickt. Nur 300 von ihnen überlebten, darunter die Mutter von Nurit, Lea Fleischman, deren Schwester Fany und Schwägerin Jelena. Jelena ist die einzige, die über ihren Schicksalsweg durch fünf Konzentrationslager gesprochen hat, auch vor Jugendlichen in Schulen und im Interview für die USC Shoah Foundation.

Die beiden Schwestern, die ebenfalls von Auschwitz zur KZ-Zwangsarbeit ins Reichsgebiet gebracht worden waren, behielten ihre schrecklichen Erlebnisse für sich. „Wir wissen fast nichts über das Schicksal meiner Mutter“, berichtet Nurit. Ein wenig konnte der ITS beitragen, diese Lücken zu schließen. Zwar gibt es keine Dokumente aus Auschwitz, da nur wenige Unterlagen von dort erhalten sind. Doch befindet sich in den Korrespondenzakten des ITS eine von Lea Fleischman für ihren Antrag auf Entschädigung ausgefüllte Liste, die Auskunft über die Stationen der Verfolgung gibt. Mit der Häftlingsnummer 80784 wurde sie demnach am 1. Mai 1944 nach Auschwitz eingeliefert, kam im Januar 1945 mit einem Transport nach Ravensbrück und von dort aus zur Zwangsarbeit nach Machow. Dort betrieb die Verwertchemie eine Munitionsfabrik, in der vor allem der Sprengstoff Nitropenta hergestellt wurde. Die Produktion erfolgte unter furchtbaren Bedingungen in Stahlbeton-Gebäuden, die im Wald in die Erde eingelassen waren. Ende April wurde Lea auf einen der Todesmärsche geschickt und am 5. Mai in der Nähe von Schwerin befreit.

Von Jelena hingegen gibt es auch Dokumente der NS-Bürokratie, darunter Listen des Hygiene-Instituts der Waffen-SS mit Untersuchungsergebnissen. „Jelena hat über Auschwitz nur berichtet, dass sie in einer Küche gearbeitet hat,“ erzählt Danny Kononowicz, dessen Familie bereits 1923 nach einem Pogrom im polnischen Heimatort nach Argentinien emigriert war. „Ich war in der Gedenkstätte, habe für Nurit alles gefilmt. Man versucht es sich vorzustellen, aber es ist nicht möglich.“

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