Schülerinnen und Schüler der Christian-Rauch-Schule Bad Arolsen haben sich während der diesjährigen Projektwoche mit Lebenswegen von Displaced Persons (DPs) beschäftigt, die nach dem Ende der NS-Herrschaft für eine Übergangszeit im Raum Arolsen, Korbach und Kassel lebten. Beim International Tracing Service (ITS) recherchierten sie dafür eine Woche in der Datenbank und der Bibliothek.

Verschiedene Biografien, Schauplätze in Arolsen und die Aufgaben der Internationalen Flüchtlingsorganisation (IRO) – eine Vorgängerinstitution des ITS – standen im Fokus der Nachforschungen der Jugendlichen aus den Jahrgangsstufen 11 und 12. Die Ergebnisse wurden am vergangenen Freitag in Form eines Stadtrundgangs präsentiert.

An verschiedenen historischen Orten in Arolsen waren DPs untergebracht, wurden ausgebildet und arbeiteten bei der damaligen IRO. Mehrere Gebäude in Arolsen erinnern noch immer an diese Zeit. So etwa die Kasernengebäude auf dem Gelände des heutigen Herkules-Marktes. Dort befand sich das DP-Camp Arolsen, wie die Gruppe um Leonie Gerber herausfand. Es wurde von dem Polen Henryk Cyranski geleitet. Im Archiv des ITS konnten die Schülerinnen seinen Weg bis nach Arolsen rekonstruieren. „Er wurde aus politischen Gründen inhaftiert, überlebte die Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald und kam nach der Befreiung nach Arolsen“, erzählte Leonie.

Stadtrundgang als Ergebnispräsentation

Zu den Spuren der DPs führte am Freitagvormittag dann ein interessanter Stadtspaziergang, an dem auch Schulleiterin Cornelie Seedig teilnahm. Die Jugendlichen hatten sechs Stationen im Stadtzentrum von Arolsen ausgewählt: In der Wetterburger Straße 5 war damals ein Kinderheim für unbegleitete Kinder. Im St. Marienstift hinter der katholischen Kirche lebten alleinstehende katholische Kinder, das Krankenhaus Große Allee 50 / Ecke Helenenstraße, auch damals Krankenhaus, bot vorübergehend evangelischen Kindern ein Obdach. Außerdem ging der Weg zum Neuen Schloss (heute Tinnitus-Klinik), einem Standort der IRO, über das Haupthaus des ITS in der Großen Allee zum bereits erwähnten Kasernengebäude mit seiner wechselhaften Geschichte als früherer SS-Standort, DP-Camp und Verwaltungsgebäude von IRO sowie ITS.

„Die Spurensuche beim ITS macht die Schüler neugierig“, sagte Cornelie Seedig während der Tour. „Das Thema Displaced Persons ermöglicht den Jugendlichen zum einen die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, gleichzeitig lernen sie, wie nah wir dieser Zeit heute sind.“ Seit 2011 arbeiten der ITS und die Christian-Rauch-Schule in Bad Arolsen fest zusammen. Regelmäßig finden Archivbesuche, kleinere Einzelprojekte bis hin zu Kursen zu ausgewählten Themen statt.

Alle 19 Jugendlichen waren sich am Ende der Projektwoche einig, dass sie an den damaligen Schauplätzen nun mit einem anderen Blick vorbeigehen. „Bisher wussten wir sehr wenig über die Zeit, die Gebäude und Plätze in Arolsen“, so Leonie Gerber. „Die eigenständige Recherche in der digitalen Datenbank hat uns ermöglicht, aus der Sicht der Überlebenden zu arbeiten.“

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