Stark gestiegenes Interesse an Informationen über NS-Verfolgte

Das Interesse von Angehörigen und nachfolgenden Generationen an Informationen über NS-Verfolgte und ihre Schicksale ist im vergangenen Jahr sprunghaft angestiegen. Bei den Arolsen Archives gingen 2023 mehr als 20.000 Anfragen zu über 28.000 Personen ein – gut 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Das Online-Archiv verzeichnete sogar 43 Prozent mehr Zugriffe, rund 680.000 Nutzer*innen recherchierten in der Datenbank.

Die meisten Suchanfragen stellten Familienangehörige (79 Prozent), die Forschung (11 Prozent) und historisch Interessierte (6,5 Prozent). Etwa die Hälfte kam aus Deutschland, Polen und Frankreich, gefolgt von Italien und Israel. Bei fast 60 Prozent fanden die Arolsen Archives Informationen und Dokumente. Die zunehmende Digitalisierung des Archivs erleichtert die Recherchen, weil sich die Bestände besser und schneller durchsuchen lassen. Das ist auch ein Verdienst der Crowdsourcing-Initiative #everynamecounts, bei der Freiwillige Namen und Daten aus Dokumenten digital erfassen.

 

Bewegende Anfragen von NS-Überlebenden

Bis heute erreichen die Arolsen Archives bewegende Anfragen von hochbetagten Überlebenden. So wandte sich der 99-jährige Israeli Dan Hadani, der als Einziger seiner Familie den Holocaust überlebte, an das Archiv, um nach Informationen über seine Angehörigen zu forschen. In den Beständen fanden sich Dokumente über seine Schwester Sabina, die vermutlich auf einem Todesmarsch im Januar 1945 von den Nazis ermordet wurde.

 

Zahl der Rückgaben von persönlichem Besitz hoch wie nie zuvor

Dank intensiver Nachforschungen und dem wachsenden Engagement Freiwilliger konnten die Arolsen Archives im vergangenen Jahr 180 Umschläge mit persönlichen Gegenständen an die Familien von ehemaligen KZ-Häftlingen übergeben – mehr als jemals zuvor (2021: 95, 2022: 84). Durch diese Rückgaben klären sich oftmals auch bisher unbekannte Lebenswege. So hatte die Familie des Algeriers Rabia Boucif fast 80 Jahre lang befürchtet, er habe damals seine Frau und seine acht Kinder verlassen. Erst durch die Rückgabe seiner Taschenuhr erfuhr sie, dass Rabia von den Nazis verhaftet und ermordet wurde. Seit 2016 händigten die Arolsen Archives über 850 Umschläge mit Schmuck, Uhren, Fotos oder Papieren an die Familien der Verfolgten aus.

 

Halbgeschwister in vier Fällen zusammengeführt

Eine der frühen Hauptaufgaben der Arolsen Archives war die Zusammenführung von Familien, die durch die nationalsozialistische Verfolgung getrennt worden waren. Bis heute gibt es Familienzusammenführungen, jedoch nur noch wenige pro Jahr und häufig sind es keine engen Verwandtschaftsgrade. Doch 2023 fanden sich gleich in vier Fällen Halbgeschwister durch die Arbeit der Arolsen Archives. Darunter zwei Töchter eines KZ-Überlebenden, die eine war 1947 in Frankfurt/M., die andere 1960 in den USA zur Welt gekommen.

Bei den Arolsen Archives gingen 2023 mehr als 20.000 Anfragen zu über 28.000 Personen ein.

Fotocredit: Arolsen Archives

Das Online-Archiv verzeichnete 43 Prozent mehr Zugriffe, rund 680.000 Nutzer*innen recherchierten 2023 in der Datenbank.

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Die zunehmende Digitalisierung des Archivs erleichtert die Recherchen, weil sich die Bestände besser und schneller durchsuchen lassen.

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Kabir Boucif erfuhr von den Arolsen Archives, dass sein Urgroßvater Rabia Boucif von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet worden war.

Fotocredit: Arolsen Archives

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