Von 1943 bis 1945 musste Cornelis de Zeeuw im Harz Zwangsarbeit für das NS-Regime leisten. Seine Familie bedauert, ihn nie genau über die zwei Jahre Zwangsarbeit befragt zu haben. Einige Jahre nach seinem Tod hat der Enkel nun mit der Spurensuche begonnen.

„Mein Großvater hat mir von seiner Zeit als Zwangsarbeiter in Deutschland erzählt“, berichtete der Niederländer Mitch van Koert, als er mit seiner Mutter und Tante im Sommer 2016 zum International Tracing Service (ITS) kam. „Dass er mit Zwangsarbeitern aus anderen Ländern Boxkämpfe ausgetragen hat, zum Beispiel, und ähnliche Geschichten.“ Nach dem Tod von Cornelis de Zeeuw im Dezember 2013 stellten die Töchter und der Enkel jedoch fest, dass sie wenig Genaues über die 26 Monate Zwangsarbeit wussten. Zwar hatte er davon berichtet, dass er zu Anstreicharbeiten in die Stollen des Konzentrationslager Mittelbau-Dora geschickt worden war und das Leid und Sterben der KZ-Häftlinge mitansehen musste. Doch wie lange er wo leben und arbeiten musste – das konnte seine Familie nicht nachvollziehen.

Mitch van Koert begann, sich verstärkt für die Geschichte seines Großvaters zu interessieren, auch weil seine Arbeit als Requisiteur und stellvertretender Inspizient für das Musical „Soldaat van Oranje“ ihn täglich mit der NS-Zeit konfrontiert. Er recherchierte in Archiven in Amsterdam und fand als Deportationsdatum: Februar 1943. Nachdem er im Internet auf den ITS aufmerksam geworden war, schickte er eine Anfrage zu seinem Großvater. Da er sich für den ITS als Einrichtung interessierte und die Ergebnisse der Anfrage erklärt bekommen wollte, reiste er nach Bad Arolsen.

Einige Daten und Adressen fanden sich in einem Verzeichnis der An- und Abmeldungen für die Gemeinde Niedersachswerfen. Seit April 1943 war Cornelis de Zeeuw in diesem Ort im Südharz gemeldet – wo Zehntausende von Zwangsarbeitern in der Rüstungsproduktion eingesetzt waren. Zunächst lebte er in einer Privatunterkunft. Mitch van Koert freute sich sehr, dass der ITS die genaue Adresse aus dem Meldeverzeichnis nennen konnte, da er die Spuren weiterverfolgen möchte. Aus dem Verzeichnis geht zudem hervor, dass Cornelis de Zeeuw im Juli 1943 nach Herzberg/Harz überstellt wurde.

Als er im Oktober 1944 nach Niedersachswerfen zurückkam, hatten die Nationalsozialisten fünf Kilometer entfernt das dortige Nebenlager von Buchenwald zu einem eigenständigen Lagerkomplex ausgeweitet – dem Konzentrationslager Mittelbau-Dora mit den Stollen, in denen die Inhaftierten Sklavenarbeit für die Produktion der A4-Rakete leisten mussten. Cornelis de Zeeuw wurde in Niedersachswerfen in einem Gemeinschaftslager der Deutschen Arbeitsfront (DAF) untergebracht. Von der Befreiung durch die Amerikaner berichtete er, unklar ist aber, auf welchen Wegen er 1945 zurück nach Amsterdam kam.

„Bitte schreiben Sie, dass mein Großvater auch Nelis oder Cor gerufen wurde. Vielleicht liest jemand das, der sich an ihn erinnert“, bat Mitch van Koert beim Abschied.

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