Von der Lagergemeinschaft Ravensbrück / Freundeskreis haben 16 Mitglieder am 30. September 2016 den ITS besucht. Im Mittelpunkt dieses ersten Besuchs stand die Übergabe von Dokumentenkopien an die Nachfahren der KZ-Inhaftierten, die Ansicht von Originaldokumenten sowie eine Besichtigung der Archivräume, in denen unter anderem Dokumente zum KZ Ravensbrück aufbewahrt werden.

Wenn Bärbel Schindler-Saefkow Listen der NS-Bürokratie über Deportation, Inhaftierung und Ermordung aus dem Archiv des International Tracing Service (ITS) durchsieht, werden aus den Namen Menschen. Die Historikerin und Tochter des hingerichteten NS-Widerstandskämpfers Anton Saefkow und der im Konzentrationslager Ravensbrück inhaftierten Aenne Saefkow hat sich ihr ganzes Leben mit den Widerstandsgruppen aus dem Umkreis ihrer Eltern beschäftigt und sich für das Gedenken an die „Ravensbrückerinnen“ eingesetzt. Ihr Finger gleitet über die Namen, dabei skizziert sie Lebenswege und berichtet über Schicksale. „Marianne Gundermann! Das war eine bekannte Frauenrechtlerin im Umkreis illegaler Parteigruppen. Ich wünsche mir, dass mal jemand ihre Geschichte aufschreibt. Sie gehörte zu den Frauen, die schwer gefoltert wurden. Unter der Folter hat sie Namen genannt, das wurde ihr später angekreidet. Als Jüdin ist sie mit den weißen Bussen aus Ravensbrück befreit worden.“

ITS-Mitarbeiterin Monika Leithäuser erklärt Bärbel Schindler-Saefkow, um welche Art von Dokumente es sich handelt und zeigt ihr Originale. Leithäuser ist beeindruckt: „Wir haben die Namenslisten, Sie haben die Geschichten dazu.“ Beeindruckt zeigt sich aber auch Bärbel Schindler-Saefkow: „90 Prozent der Unterlagen habe ich noch nicht gesehen, obwohl ich immer schon nach Dokumenten suche. Denn, alles was ich über meinen Vater wissen wollte, musste ich mir erarbeiten.“ Über den Gewinn an Informationen für die Lagergemeinschaft sagt sie: „Wir haben wieder viel mehr neue Namen!“

Der Besuch der Lagergemeinschaft Ravensbrück / Freundeskreis fand im Rahmen der Jahrestagung dieser Organisation statt. Beim ITS waren diesem Termin intensive Recherchen vorausgegangen: In der Hoffnung mehr Antworten zu finden, hatten die Gäste vorab Anfragen zum Schicksal von Verwandten und Widerstandskämpferinnen gestellt. Allein bei Bärbel Schindler-Saefkow waren es drei Mappen mit Dokumentenkopien, die besprochen und überreicht wurden. Die Historikerin hatte, wie auch andere Mitglieder der Lagergemeinschaft, bereits früher beim ITS angefragt, jedoch zu einem Zeitpunkt, als nur Zusammenfassungen des Verfolgungswegs als Auskünfte mitgeteilt wurden. Das Einsehen der Dokumente war damals nicht gestattet. Die Gäste nutzten zudem die ITS-Datenbank für weiterführende Recherchen, um einen tieferen Einblick in die Archivbestände zu bekommen und um deren Bedeutung bezogen auf die Verfolgtengruppe ehemaliger politischer Häftlinge besser einschätzen zu können.

Abschließend betonte Bärbel Schindler-Saefkow, dass es unter anderem gelungen sei, mehr Informationen über die Gründerinnen der Lagergemeinschaft zu finden: „Die Lagergemeinschaft wurde von starken Persönlichkeiten wie Erika Buchmann aufgebaut, die dafür gesorgt haben, dass aus Ravensbrück – dem Schrecklichen – durch den Zusammenhalt etwas Schönes wurde. Wir möchten als Lagergemeinschaft heute über solche Menschen sprechen.“

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