Einleitung
Ginette, Cathérine, Caro – verschiedene Namen einer Frau, die vielen nur als kleine Schwester des Modeschöpfers Christian Dior bekannt ist. Cathérine jedoch war es, die im französischen Widerstand aktiv war und Mitte August 1944 ins KZ Ravensbrück deportiert wurde. Im Arbeitslager Torgau, einem Außenlager des KZ Buchenwald, musste sie Blindgänger in einem Säurebad reinigen.
Einige Wochen später transportierten sie die Nazis zur Zwangsarbeit für BMW in ein Flugmotorenwerk in Abteroda und von dort aus am 24. Februar 1945 zu einem anderen Außenlager in Markkleeberg, dieses Mal für Junkers Flugmotoren. Nach dem Krieg inspirierte sie ihren Bruder zu dem weltberühmten Parfum Miss Dior.
Heile Welt
Das Ende der Idylle
Sie zogen nach Callian in die Provence und mussten ihren Lebensstil den neuen Umständen anpassen. Cathérine war in der neuen Umgebung unglücklich und folgte 1936 ihrem zwölf Jahre älteren Bruder Christian nach Paris, der dort die ersten Schritte in der Modebranche unternahm. Nachdem Großbritannien und Frankreich am 3. September 1939 den Krieg erklärt hatten, kehrte Cathérine zu ihrem Vater nach Callian zurück. Auch Christian suchte dort Sicherheit und die Geschwister bauten selbst Gemüse an, um sich über Wasser zu halten.
Verfolgungswege
Widerstand
Am 6. Juli 1944 wurde sie in Paris verhaftet. Im Gefängnis von Fresnes wurde sie gefoltert, damit sie andere Widerstandskämpfer*innen verraten sollte. Von Fresnes wurde Cathérine nach Romainville gebracht und von dort am 15. August 1944 deportiert. Sie gehörte zu dem letzten Transport, der Paris während der Besatzung der Nazis verließ. Am 22. August 1944 erreichte der Transport das KZ Ravensbrück, Cathérine wurde als Häftling Nummer 57813 registriert und musste einen roten Winkel tragen, der sie als politischen Häftling kennzeichnete. Als Begründung für Cathérines Verhaftung und Verschleppung ins Konzentrationslager Ravensbrück steht auf ihrer Häftlingspersonalkarte: „Reichsfeindliche Betätigung“.
Cathérine wurde einer sogenannten „Zugangsquarantäne“ unterzogen, die bis zum 4. September 1944 dauerte. Am 21. September 1944 erschien ihr Name auf einer Liste von 500 weiblichen Häftlingen, die ins Arbeitslager Torgau, ein Außenlager des KZ Buchenwald, weiterverschleppt werden sollten. Es waren fast ausschließlich Französinnen.
Zwangsarbeit und Befreiung
Aus einer in den Arolsen Archives verwahrten Liste über geänderte Häftlingsnummern geht hervor, dass sie sich dort noch am 19. Dezember 1944 aufhielt. Die Lagerleitung war mit der Arbeit der Französinnen unzufrieden und vermutete Sabotageakte, was dazu führte, dass die französischen Frauen in zwei Transporten in ein anderes Buchenwald-Außenlager namens Markkleeberg gebracht wurden. Der erste Transport dorthin verließ Abteroda am 12. Februar 1945, der zweite am 24. Februar 1945.
Cathérine kam mit dem zweiten Transport nach Markkleeberg, einer weiteren Zwangsarbeitsstation, dieses Mal für die Firma Junkers Flugmotoren. Die Frauen mussten hier schwere Bauarbeiten verrichten. Die Häftlingspersonalkarte aus dem KZ Buchenwald, die das Archiv verwahrt, bestätigt Cathérines Registrierung dort am 26. Februar 1945.
Am 21. April 1945 gelang es Cathérine von einem Todesmarsch zu fliehen. Sie erlebte die Befreiung durch die Sowjetische Armee in Dresden. Von dort kehrte sie zurück nach Paris, wo sie von ihrem Bruder empfangen wurde.
Zitat
Ich wundere mich manchmal, wie ich es geschafft habe, weiterzumachen… für meine Schwester, mit der ich die Freuden des Gärtnerns in Callian geteilt habe, die verhaftet wurde und dann deportiert. Ich versuchte alles, um sie zu finden – umsonst. Arbeit, anspruchsvolle, komplett absorbierende Arbeit war die einzige Droge, die es mir ermöglicht hat, sie zu vergessen.
Christian Dior,
Dokumente im Online-Archiv
Das Leben nach dem Krieg
1952 sagte Cathérine als Zeugin im sogenannten Prozess „Rue de la Pompe Gestapo“ in Paris gegen zwölf Franzosen und zwei Deutsche aus. Acht der französischen Angeklagten, die an ihrer Verhaftung und Folter beteiligt waren, wurden zum Tode verurteilt, die anderen wurden mit lebenslänglicher oder langjähriger Zwangsarbeit bestraft.
Aus Gesprächen mit Personen, die Cathérine Dior kannten, erfuhr die Autorin des Buches „Miss Dior. A Story of Courage and Couture“ Justine Picardie, dass Cathérine selbst sehr selten über ihre Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg sprach. Nach zwölf Jahren in Paris zog Cathérine zurück nach Callian, wo sie gemeinsam mit Hervé lebte und Rosen anbaute, die sie zur Parfumherstellung nach Grasse verkaufte.
Inspiration
Auszeichnungen
Cathérine Dior erhielt für ihre Arbeit in der Résistance viele Auszeichnungen: Das Croix de Guerre, das Croix du Combattant Volontaire de las Résistance und das polnische Kreuz der Tapferkeit, die Königsmedaille für Mut im Dienste der Freiheit.