Was bringt die Digitalisierung für Suchdienste und Archive? Wie hat die Pandemie ihre Arbeit verändert? Welche digitalen Verfahren helfen bei der Sucharbeit, wenn sie von zuhause aus stattfinden muss? Bei der Suchdienstleitertagung 2021 kamen die Arolsen Archives, das Bundesarchiv (Abteilung PA „Personenbezogene Auskünfte zum Ersten und Zweiten Weltkrieg“), der DRK-Suchdienst und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zusammen, um sich über aktuelle Herausforderungen auszutauschen und die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen zu fördern.

Die Form der Veranstaltung passte zur aktuellen Situation und zu den zentralen Konferenzthemen: Im Januar 2021 fand die jährliche Suchdienstleitertagung erstmals virtuell statt. Diesmal wurde die Runde von den Arolsen Archives organisiert. Neben den vier Institutionen waren auch Vertreter*innen des Bundesinnenministeriums und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien dabei. Sie waren beeindruckt von der guten Kooperation und den zukunftsweisenden Digitalisierungs-Projekten der Suchdienste und Archive.


Virtuelle Konferenz: Neues Format für die Suchdienstleitertagung 2021.

Gemeinsam Schicksale klären

Mit Blick auf den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen erfüllen die Suchdienste spezielle Aufgaben, die ineinander übergreifen – mit dem obersten Ziel, Schicksale zu klären und Angehörigen Gewissheit zu bringen.  Beim Volksbund liegt der Fokus auf den deutschen Kriegstoten im Ausland, bei den Arolsen Archives auf NS-Verfolgten weltweit und beim DRK-Suchdienst auf deutschen Kriegs- und Zivilgefangenen. Die Abteilung PA „Personenbezogene Auskünfte zum Ersten und Zweiten Weltkrieg“ des Bundesarchivs hat die Unterlagen der ehemaligen Wehrmachtsauskunftsstelle übernommen.

Flyer: Schicksalsklärung Zweiter Weltkrieg

Pandemie-Strategien

Wie arbeitet ein Suchdienst eigentlich, wenn alle Mitarbeiter*innen zu Hause bleiben müssen? Die Institutionen stellten bei der Tagung ihre Strategien vor und sprachen über Vor- und Nachteile. Bei den Arolsen Archives etwa arbeiten die Angestellten seit März 2020 überwiegend aus dem Homeoffice. So ist auch die Arbeit des Suchdienstes kaum eingeschränkt. Nur, wenn Scans von benötigten Dokumenten noch nicht oder nur in schlechter Qualität vorliegen, gibt es Verzögerungen, weil vor Ort im Archiv nur ein Notbetrieb mit wenigen Mitarbeiter*innen aufrechterhalten wird. Die für die Öffentlichkeit sonst zugänglichen Räumlichkeiten wie der Lesesaal oder die Dauerausstellung bleiben bis voraussichtlich Juni 2021 geschlossen.  Einige Mitarbeiter*innen üben jetzt andere Aufgaben aus, wie zum Beispiel das Indizieren von Dokumenten im Rahmen des Crowdsourcing-Projekts #everynamecounts.

Die Arolsen Archives haben bereits einen Großteil ihrer umfassenden Sammlung digitalisiert und in ein Online-Archiv gebracht. #everynamecounts baut nun auf die Hilfe Tausender Freiwilliger, um diese digitalen Bestände nach Namen und weiteren Informationen über die Opfer durchsuchbar zu machen. Denn je mehr Dokumente vollständig indiziert sind, desto einfacher ist die Online-Suche für Angehörige und weitere Interessierte.

» Auf unser Projekt #everynamecounts wirkte die Pandemie wie ein Beschleuniger. Jede*r kann von zu Hause aus an diesem digitalen Denkmal für die NS-Verfolgten mitbauen. Mittlerweile sind 17.000 Freiwillige dabei. «

Christian Groh, Archivleiter Arolsen Archives

Beim DRK-Suchdienst ist der persönliche Kontakt zu den Klient*innen besonders bei der internationalen Suche und bei der Beratung zur Familienzusammenführung sehr wichtig. So ging die Organisation zu Beginn der Pandemie mit einer neuen Website an den Start und richtete zentrale Telefonnummern, E-Mail-Adressen und Beratungszentren ein. Im Juni 2020 konnten viele DRK-Verbände dank eines guten Hygienekonzepts ihre persönliche Suchdienst-Beratung wiederaufnehmen.

Neue Digitalisierungs-Projekte

Alle Teilnehmer*innen der Suchdienstleitertagung waren sich einig: Wer digital gut aufgestellt ist und alle Informationen von zuhause aus abrufen kann, kommt leichter durch die Pandemie. Allerdings sind viele Dokumente aus den Archiven noch nicht digitalisiert. Deshalb haben die Institutionen 2020 viele Digitalisierungs-Projekte auf den Weg gebracht. So haben das Bundesarchiv und der Volksbund im Rahmen des vom Volksbund koordinierten Regierungsprojekts „Sowjetische und deutsche Kriegsgefangene und Internierte“ gemeinsam 136.000 Dokumente von sowjetischen Gefangenen im Britischen Gewahrsam digitalisiert. Der Volksbund hat außerdem Fördermittel umgeschichtet, um mehr Geld in die Digitalisierung von Dokumenten zu investieren. Die Zentrale Namenskartei des DRK-Suchdienstes sowie mehr als zwei Millionen Gefangenenakten von deutschen Kriegsgefangenen und Zivilinternierten aus dem Russischen Staatlichen Militärarchiv sind bereits komplett digitalisiert.

Die nächste Suchdienstleitertagung wird der DRK-Suchdienst am Standort München am 20. Januar 2022 ausrichten – vor Ort oder als Online-Veranstaltung.

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