Verhaftet und in verschiedenen Konzentrationslagern weggesperrt – insgesamt fünf Jahre seines Lebens musste Alojzy Pawłowski in Haft verbringen, weil er queer war.

Alojzy Pawłowski wurde 1918 in Soły (Kreis Oszmiany/Woiwodschaft Wilna) geboren. Er war Pole, katholisch und Krankenpfleger von Beruf. Mit 22 Jahren wurde er wegen Unzucht mit Männern zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, ähnlich wie sein Partner Jan Ratajczak.

Im Urteil ist geschrieben: „Der Angeklagte 1 [Pawłowski] war vom 30 August 1939 bis zum 28 Mai 1940 […] im städtischen Krankenhaus in Posen als Hilfskrankenpfleger beschäftigt. Im Mai 1940 lernte er den Angeklagten zu 2 [Ratjczak] im Krankenhaus kennen, der dort Ende April mit einer Fußverletzung aufgenommen worden war. Ohne vorher gesprächsweise eine Anspielung auf seine Absichten zu machen, legte er sich etwa Mitte Mai eines Nachts zu dem Angeklagten zu 2/ ins Bett. Er ergriff dessen Geschlechtsteil, hielt den seinen daran und spielte solange […], bis er steif wurde und Samenerguss erfolgte”.

 

Häftlingsfoto von Alojzy Pawłowski, der als homosexuell verfolgt wurde

Alojzy Pawłowski im Zuchthaus Rawitsch, wo er ab dem 9. August 1940 wegen seiner Homosexualität inhaftiert war. Copyright: Archiwum Państwowe w Poznaniu 

 

Das Sondergericht I Posen erklärte: „Der Begriff der Unzucht in §175 StGB umfasst nicht nur beischlafsähnliche Handlungen unter Männern, sondern jeden der Sinnenlust dienenden Missbrauch des Körpers einer anderen Person desselben Geschlechtes. Dabei ist, wie das Gesetz ausdrücklich bestimmt, der Mann der sich von einem anderen Mann zur Unzucht missbrauchen lässt, dem gleichgestellt, der mit ihm Unzucht treibt. Diese Tatbestandsmerkmale liegen in allen drei Fällen vor”.

Alojzy war auch wegen Paragraph 174/3 verurteilt und man betrachtete ihn als Verführer: „Bei der Strafzumessung war zu berücksichtigen, dass der Angeklagte [Pawłowski] als Verführer aufgetreten ist, und einen Hang zur widernatürlichen Unzucht hat. Ihm waren daher mildernde Umstände nicht zuzubilligen. […] Bei dem Angeklagten [Ratajczak] war zwar zu berücksichtigen, dass er von dem Angeklagten [Pawłowski] zu den Taten verführt worden ist”.

 

Vom Straflager ins Konzentrationslager

Die Strafhaft musste er im Gefängnis in Posen und ab dem 9. August 1940 im Zuchthaus Rawitsch verbringen. Im Jahr 1942 wurde er ins Straflager Rawitsch versetzt. Im Juni 1943 sollte er erlassen werden, aber die Gestapo übernahm ihn.

Im August 1942 schrieb Alojzy an seine Tante Maria Jankowska einen Brief. Er war neugierig, ob seine Familie gesund ist. „[Tante], Sie haben mir mitgeteilt, daß Sie mit Edward gesprochen haben und daß er kürzlich geheiratet hat. Ich danke sehr für den Gruß und bitte Sie, einen kleinen Zettel von mir mitzuschicken“. Das war der letzte Brief zwischen Alojzy und seiner Familie. Man weiß nicht, wer Edward war, aber wegen dieses Fragments wurde Alojzy noch einmal bestraft.

 

Im Tagebuch des Ravensbrück-Außenlagers Wolgast wurde Alojzy Pawłowski am 1. Februar 1945 mit der Häftlingsnummer 10072 vermerkt.

 

Im August 1943 transportierte ihn die Gestapo ins KZ Auschwitz I, wo er die Häftlingsnummer 136627 bekam. Ein Jahr später wurde er ins KZ Ravensbrück gebracht – dann ins KZ Mittelbau-Dora und KZ Bergen-Belsen, wo er befreit wurde.

 

Pawłowski bat um einen Nachweis

Nach dem Krieg kehrte Alojzy Pawłowski nach Polen zurück und wohnte in Ustka. 1973 und 1984 schrieb er zwei Briefe an die Arolsen Archives. Er brauchte einen Beweis, dass er ein KZ-Häftling war, um eine Rente zu bekommen.

 

Das Schicksal von Alojzy Pawłowski nach 1984 ist unbekannt genauso wie zu Jan Ratajczak.

Ein Gastbeitrag von Joanna Ostrowska. Die Biografie von Alojzy stammt aus ihrem Buch „Oni. Homoseksualiści w czasie II wojny światowej“ (Warschau 2021).

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