Das Rundschreiben des „Hauptamtes für Volkswohlfahrt“ der NSDAP vom 20. Januar 1944 lässt das unvorstellbare Leid erahnen, das die Nationalsozialisten Zwangsarbeiterinnen und ihren Kindern antaten. Betreff: Behandlung schwangerer ausländischer Arbeiterinnen und der im Reich von ausländischen Arbeiterinnen geborenen Kinder.

Der Blick der Nationalsozialisten auf Frauen war sowohl sexistisch als auch rassistisch: Sie wurden in erster Linie als (potentielle) Mütter gesehen. Je nachdem, ob die Nationalsozialisten eine Frau als „rassisch wertvoll“ einstuften oder nicht, wurden Schwangerschaften gefördert oder – zum Beispiel durch Zwangssterilisation – verhindert.

Die ideale deutsche Frau kümmerte sich um ihre kinderreiche „arische“ Familie. Eine Abtreibung war ihr bei Strafe verboten. Dass eine der so genannten „Ostarbeiterinnen“ schwanger wurde, war dagegen unerwünscht. Zum einen war eine schwangere Arbeiterin weniger produktiv. Außerdem wurden die als „rassisch minderwertig“ angesehenen Kinder als Bedrohung des „deutschen Volkstums“ gesehen. Entsprechend zwang man etwa ein Viertel schwangerer osteuropäischer Arbeiterinnen zur Abtreibung.

Trug eine Zwangsarbeiterin ihr Kind aus, verlor sie es dennoch: Vom „Rasse- und Siedlungshauptamt“ wurde bestimmt, ob „das Kind der ausländischen Arbeiterin als erwünscht und gutrassisch anzusehen ist.“ In diesem Fall konnte der Arbeiterin eine Abtreibung untersagt werden, auch wenn sie dies wünschte. Das Kind wurde ihr abgenommen, und der „Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt“ übergeben, um „germanisiert“ zu werden und als deutsch in einer deutschen Familie aufzuwachsen.

Galt ein Kind als „rassisch minderwertig“, wurde es in eine „Kinderpflegestätte für ausländische Arbeiterinnen“ überwiesen. In diesen Einrichtungen lag die Sterblichkeitsrate zum Teil bei 90%. Zehntausende Kinder verhungerten qualvoll.

 

Hier finden Sie das im Text beschriebene Dokument: Rundschreiben des „Hauptamtes für Volkswohlfahrt“ der NSDAP, 20. Januar 1944/4.1.0/82447586/ITS Digital Archive, Bad Arolsen

Jetzt Spenden
Mehr erfahren