Wo in Berlin lebten jüdische Kinder während der NS-Zeit? Wo gingen sie zur Schule? Wie sah angesichts zunehmender antisemitischer Maßnahmen ihr Alltag aus? Und was bedeutete die Verfolgung für diese jungen Menschen? Mit „Murmeln der Erinnerung“ auf dem Handy können Interessierte in Berlin auf Spurensuche gehen.

Murmeln der Erinnerung ist seit dem 21. Dezember 2021 vorübergehend abgeschaltet. Aufgrund der aktuellen Ereignisse rund um den Messenger-Dienst Telegram haben wir uns dazu entschieden, die Berlin-Rundgänge auf den Spuren jüdischer Kinder in dieser Form nicht anzubieten.

Bei der Entwicklung des Projektes hatten wir uns bewusst für Telegram entschieden, um auf dieser stark genutzten Messenger-App mit teils sehr problematischen Inhalten hochwertige und für die heutige Gesellschaft relevante Bildungsangebote zur Geschichte des Nationalsozialismus zu schaffen. Für uns ist nun eine rote Linie überschritten, da die Betreiber der Plattform trotz der aktuellen Eskalationen untätig bleiben. Selbst die Planung von Hassverbrechen auf Telegram führt zu keinerlei Konsequenzen. Vielmehr werden radikale, antidemokratische Netzwerke gefördert.

Wir hoffen auf Ihr Verständnis, dass die interessanten, multimedialen Stadtrundgänge nun temporär nicht genutzt werden können. Wir suchen nach Lösungen und informieren Sie an dieser Stelle, sobald wir „Murmeln der Erinnerung“ neu aufgesetzt haben.

 

  • „Murmeln der Erinnerung“ vermittelt Geschichte interaktiv in fünf multimedialen Stadtrundgängen.

  • Mit Daten zu über 8.500 Kindern sowie mehr als 340 Orten wird eine teils unsichtbare Stadtgeschichte durch die Metadaten des Archivs sicht- und erlebbar.

  • „Murmeln der Erinnerung“ ist ein sogenannter Chatbot, der kostenfrei über den Messenger-Dienst Telegram läuft und auf Deutsch und Englisch nutzbar ist.

 

Zvi Aviram lebte mit seiner Familie im Prenzlauer Berg bis 1943 seine Eltern deportiert wurden. Es gelang ihm, unterzutauchen, sich einer Widerstandsgruppe anzuschließen und mehrere Verhaftungen zu überleben. Bei einer Tour durch den Prenzlauer Berg lernen Nutzer*innen Zvis Lebensgeschichte kennen. Vier weitere Rundgänge führen durch Stadtteile wie Mitte, Wilmersdorf und Schöneberg und erzählen von weiteren jüdischen Kindern und Jugendlichen, die in Berlin während der NS-Zeit untertauchten.

„Digitalisierung und innovative Formate ermöglichen es, die Geschichten von NS-Verfolgten auf der Basis unseres Archivs immer wieder neu zu erzählen“, so Christian Höschler von den Arolsen Archives. „Wir bieten mit den „Murmeln der Erinnerung“ nun multimediale Touren. Die Geschichten werden nicht nur anhand von Textnachrichten erzählt, sondern auch mit Dokumenten, Fotos, Infografiken und Voice Messages.“

 

„Murmeln der Erinnerung“ läuft auf internetfähigen Smartphones, auf denen der Messenger-Dienst Telegram installiert ist.

 

Drei Rundgänge sind als Wissensrallyes angelegt: Nach der Beantwortung von Fragen geht es weiter zur jeweils nächsten Station. Diese Form der Gamification verbindet die Bewegung im öffentlichen Raum mit der digitalen Vermittlung historischen Wissens.

„Wir sind mit dem Internet und Smartphones aufgewachsen – und beziehen so den Großteil unserer Informationen. Direkte Kommunikation durch Social Media ist Teil des alltäglichen Lebens und Lernens. Deshalb ist der Chatbot als neues Medium für interaktives Storytelling besonders geeignet. So erlebt man Geschichte auf einer direkteren, emotionaleren Ebene“, sagt Nina Hentschel, Co-Founder & CMO, Fabular.ai, die “Murmeln der Erinnerung“ mitentwickelt hat.

 

Unsichtbare Stadtgeschichte sichtbar machen

Mit Daten zu über 8.500 Berliner Kindern sowie mehr als 340 Orten lassen sich – über die Rundgänge hinaus – in der ganzen Stadt jederzeit zusätzliche Informationen abrufen. So werden die Orte und Schicksale der jüngsten NS-Opfer im heutigen Alltag in Erinnerung gerufen.

Es ist zudem möglich, Fragen zur Geschichte des Holocaust zu stellen, oder nach Informationen zu den Archivbeständen, die dem Chatbot zugrunde liegen. Diese Funktion stärkt, wie auch andere Features von „Murmeln der Erinnerung“, eine selbstbestimmte Auseinandersetzung sowohl mit dem Holocaust als auch mit der Berliner Stadtgeschichte und der Zerstörung des dortigen jüdischen Lebens.

„Murmeln der Erinnerung“ wird gefördert durch die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ und ist in Zusammenarbeit mit fabular.ai entstanden.

Pressefoto: Collage „Murmeln der Erinnerung“ (im Vordergrund: Zvi Aviram)

Fotocredit: private property/Gedenkstätte Deutscher Widerstand

 

Pressefoto: Das Smartphone als Bildungswerkzeug

Fotocredit: Arolsen Archives

 

Pressefoto: Dr. Christian Höschler, Arolsen Archives

Fotocredit: Arolsen Archives

 

Pressefoto:
Das Team von Fabular.ai (v.l.: Nina Hentschel Leonardo de Araújo und Hanna Blonska)

Fotocredit: Fabular.ai

 

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