Bis zur Digitalisierung waren die Akten zur Versorgung von Displaced Persons ein ganz normales Arbeitsmittel. Sie wurden ausgepackt, durchgesehen, kopiert und eingepackt. Nun konnte der ITS mit einer Spezialfirma einen weiteren Teil der stark beanspruchten Dokumente entsäuern, ausbessern und so als Teil des UNESCO-Weltdokumentenerbes instand halten.

Knapp drei Monate hatte das Zentrum für Bucherhaltung in Leipzig, um die 301.000 Dokumente zu entsäuern und die dringendsten Restaurierungen durchzuführen. Die Entsäuerung selbst, im Massenverfahren, ist dabei Routine. Vor- und Nachbereitung des chemischen Prozesses sind allerdings aufwändiger bei diesen sogenannten CM/1-Akten. Die Abkürzung steht für „Care and Maintenance“, also „Fürsorge und Unterhalt“. Es handelt sich vor allem um Formulare mit Fotos, die ehemals NS-Verfolgte zwischen 1947 und 1952 als Antrag auf finanzielle Unterstützung einreichten. Sie sind in Umschlägen zusammengefasst, die ebenfalls erhalten werden.

Um das Verfahren zu beschleunigen und auch wirklich alle Papiere zu sichern, schnitten die Restauratoren zuerst die Umschläge beidseitig auf. Dann trennten sie die Fotos von den Dokumenten: aufgeklebte Bilder mit einer Messerklinge, genietete mit einem kleinen Schlagwerkzeug. „Bei Fotografien besteht nämlich die Gefahr, dass sich die Beschichtung löst, wenn man sie entsäuert“, erklärt Nicole Dominicus, Leiterin der ITS-Archivverwaltung.

Da viele Papiere vor der Digitalisierung oftmals ausgepackt, durchgeblättert und wieder eingepackt wurden, sind Risse oder Knicke in diesem Bestand häufig. „Das waren ja Jahrzehnte lang tägliche Arbeitsmittel“, sagt Nicole Dominicus. Größere Risse und Fehlstellen schloss das Zentrum für Bucherhaltung, damit sie sich nicht ausweiten. Zur Entsäuerung kamen die 2,8 Tonnen Unterlagen in Drahtkörbe. Darin wurden sie in ein chemisches Bad getaucht, das die Säuren neutralisiert und so den Verfall aufhält. Beim Trocknen glätteten die Spezialisten das Papier und entfernten Knicke.

Für den ITS ist die Instandhaltung seiner Bestände eine permanente Aufgabe – seit 2000 ließ er sechs Millionen Dokumente entsäuern. Für die aktuelle Behandlung der CM/1-Akten aus DP-Camps in Österreich profitierte er erneut vom Sonderprogramm zur Erhaltung des schriftlichen Kulturguts und damit von zusätzlichen Bundesmitteln. Den Bestand aus Deutschland hatte er schon vor zwei Jahren von Restauratoren entsäuern lassen. „Diese Akten sind besonders interessant wegen der Fotos, der Angaben der DPs zu Verwandten und wegen der Unterlagen von Kindern“, sagt Nicole Dominicus. Um beim Restaurieren die Prioritäten richtig zu setzen, hat der ITS gerade seinen Schadenskataster aktualisiert. „Die optimale Bewahrung unseres UNESCO-Weltdokumentenerbes ist schließlich eine wichtige Dauer-Aufgabe“, so Nicole Dominicus.

Jetzt Spenden
Mehr erfahren