Kürzlich konnte Malgorzata Przybyla, Mitarbeiterin des International Tracing Service (ITS), die persönlichen Gegenstände eines ehemaligen KZ-Häftlings an seine Angehörigen in Polen zurückgeben. Darunter auch einen Siegelring. Er spielte in der Geschichte von der Suche nach der Familie eine besondere Rolle.

Wie hat die Suche nach den Angehörigen von Tadeusz Tomaszewski begonnen?

Bei einem Auftritt im polnischen Fernsehen habe ich die Besitzstücke von Tadeusz Tomaszewski gezeigt. Daraufhin hat sich bei mir nach zwei Wochen eine Gruppe von Hobbyhistorikern aus Gostyń gemeldet. Das ist die Stadt, wo Tomaszewski zuletzt gearbeitet hat. Sie haben gesagt, dass sie uns helfen werden, seine Familie zu finden.

Welche Anhaltspunkte gab es bis dahin?

Wir wussten kaum mehr, als dass er Häftling im Konzentrationslager Neuengamme war. Aber wir hatten Dokumente wie den Impfpass, viele Fotos und einen Siegelring. Die Suche begann mit dem Geburtsort. Es war nicht so einfach, an die alten Dokumente zu kommen, weil dieser Ort zu einem anderen Kreis gehörte. Einer der Hobbyhistoriker hat viele Archive durchsucht und viele Menschen um Hilfe gebeten. Es gab zwei Sachen, die dabei besonders nützlich waren. Die Fotos, mit deren Hilfe er ihn erkennen konnte. Und dann eine Eintragung im Geburtsregister, dass Tomaszewski von einem Gericht für tot erklärt worden war. Das war eine ganz wichtige Spur.

Wie bringt einen so ein Hinweis weiter?

Es bedeutete, die Dokumente von dem Verfahren finden zu müssen, um zu erfahren, wer damals der Antragsteller war. Denn wir hatten sonst keine Anhaltspunkte mehr, wo wir hätten weitersuchen können. Ich habe mich an das IPN gewandt, also an das Institut für Nationales Gedenken. Dort haben wir erfahren: Die Antragsteller waren seine Eltern. Sie wohnten damals in einem kleinen Ort in der Nähe von Krotoszyn. Was sich auch herausstellte: In dem Haus wohnt heute noch die Nichte, die Tochter von der Schwester Tadeusz Tomaszewskis. Mit ihr habe ich mich in Verbindung gesetzt.

…und konnten ihr den Siegelring und die anderen persönlichen Besitzstücke ihres Onkels wiedergeben.

Ja, besonders der Siegelring war interessant. Er hatte maßgeblich bei der Suche geholfen. Auf vielen Bildern aus Gostyń von vor dem Krieg konnte man Tomaszewski daran erkennen. Unter anderem fanden die Hobbyhistoriker ihn als jungen Mann bei Feuerwehrfestlichkeiten – er trug immer diesen Ring.

Dann war die Übergabe eines so persönlichen Gegenstandes sicher etwas Besonderes?

Ja. Es war alles sehr festlich vorbereitet. Die Übergabe hat im Museum von Krotoszyn stattgefunden, mit Vertretern von der lokalen Presse, Bürgermeister und dem Museumsdirektor. Die Familie war sehr gerührt, dass nach so vielen Jahren die Sachen wieder zurückgekehrt sind. Die Nichte hat sich sogar gleich den Ring auf den Finger gesteckt und gesagt, den werde sie nicht mehr abnehmen. Die Familie hatte den Onkel als ausgesprochen gepflegt in Erinnerung. Er war von Beruf Friseur. Es war sogar eine ältere Tante anwesend, die noch von ihm die Haare gemacht bekommen hat. Sie sagte mir, er habe immer so schön geduftet.

Welche Dokumente konnten Sie der Familie noch übergeben?

Wir konnten der Nichte nicht nur die sogenannten Effekten und Unterlagen des Onkels mitbringen, sondern auch Kopien der Geburtsurkunde ihres Bruders. Die befindet sich nämlich auch im Archiv des ITS, genauso wie die Dokumente, die die Zwangsarbeit ihrer Eltern bestätigten.

Was hat denn die Hobbyhistoriker bewegt, sich bei der Suche so zu engagieren?

Sie tun das einfach aus Menschenliebe. Einer von ihnen hat es sehr schön ausgedrückt: Die Menschen haben keine Möglichkeit gehabt, ihr Testament zu schreiben und zu bestimmen, wer ihre Sachen bekommen soll. Wir sind quasi diejenigen, die jetzt ihren letzten Willen erfüllen sollen. Wir müssen die Angehörigen finden, um ihnen die Sachen zurückzugeben.

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