Bad Arolsen, 08. November 2018: Das Online-Archiv des International Tracing Service (ITS) wächst weiter: Mit den heute veröffentlichten 900.000 Nachkriegs-Dokumenten stehen über zwei Millionen Dokumente online zur Verfügung – eine Namenssuche ist möglich.

Die neu hinzugekommenen Dokumente enthalten etwa 405.000 Namen von Holocaust-Überlebenden, ehemaligen KZ-Häftlingen und NS-Zwangsarbeitern, die nach Ende des Zweiten Weltkriegs von der International Refugee Organization (IRO) in Österreich, Italien, der Schweiz und England betreut wurden. Die Akten aus deutschen DP-Camps hatte der ITS bereits im Juni veröffentlicht. Insgesamt ermöglicht das nun die Online-Suche nach knapp einer Million Namen von Displaced Persons, die im Rahmen des „Care and Maintenance Programms“ in DP-Camps registriert und befragt worden waren. Mit den Fragebögen sollte festgestellt werden, ob und in welcher Weise die IRO sie unterstützen konnte.

Millionen von Menschen waren durch die Nationalsozialisten und ihre Verbündeten verschleppt und entwurzelt worden. Andere waren aus politischen Gründen nach Kriegsende aus dem Machtbereich der Sowjetunion geflohen. Viele konnten und wollten nicht in ihre ursprünglichen Herkunftsländer zurückkehren. Die IRO kümmerte sich um diese als Displaced Persons bezeichneten Menschen.

Individuelle Verfolgungsgeschichten machen die Dokumente so wertvoll

Die von den DPs ausgefüllten Fragebögen gehören zu den persönlichsten Dokumenten, die beim ITS zu finden sind. Ein Beispiel ist die Akte über die ungarische Jüdin Erzsebet Klein, die eine doppelte Verfolgungsgeschichte erzählt: Kurz nach ihrer Hochzeit 1944 verhafteten die Nazis Erzsebets Mann Imre Klein. Er wurde in das KZ Mauthausen gebracht, wo er im Mai 1945 starb. Ihr war es gelungen, in Budapest unterzutauchen. Nach Kriegsende arbeitete Erzsebet Klein dort als Verkäuferin. Wegen abfälliger Bemerkungen über die Kommunisten drohte ihr die Verhaftung. Von Freunden gewarnt, wollte sie nach Österreich fliehen, wurde jedoch in der Slowakei aufgegriffen und in ein Lager für Regimekritiker gebracht. Ihr gelang die Flucht. Im Oktober 1949 erreichte sie Wien und beantragte die Unterstützung der IRO. Das ist nur eines von vielen sehr unterschiedlichen Schicksalen, die durch die IRO-Fragebögen dokumentiert wurden.

Das ITS Online-Archiv wird weiter ausgebaut

Es gehört zu den Zielen des ITS, seine international einzigartige Sammlung von Dokumenten über die NS-Verbrechen und ihre Folgen zugänglich zu machen. Familienangehörige haben die Möglichkeit, in einem immer größer werdenden Bestand von Dokumenten nach Spuren zu suchen. Auch für Wissenschaftler bietet die Onlinestellung neue Recherchemöglichkeiten. Der ITS wird seine digitalen Angebote über die NS-Verfolgung nach und nach weiter ausbauen. Aktuell ist die Onlinestellung von sechs Millionen Dokumenten aus Konzentrationslagern und Ghettos in Vorbereitung.

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