Im Dezember 2018 erhält Guy Allains Tochter Brigitte ein ganz besonders Päckchen. Es enthält ein Portemonnaie und zwei kleine Stoffbänder. In dem Portemonnaie befinden sich zwei Zeichnungen: Ein mit Bleistift gezeichnetes Kreuz, das ein Herz umschließt auf einem Fetzen kariertem Papier. Und auf einem klein gefalteten Zettel drei Personen: zwei in einer Art Uniform mit Baskenmützen auf dem Kopf. Eine schwarz gekleidete Person mit Sonnenbrille wendet ihnen den Rücken zu. Die Gegenstände sind ihrem siebzehnjährigen Vater 75 Jahre zuvor abgenommen worden, als er in das Konzentrationslager Neuengamme deportiert wurde.

Die Deutschen Besatzer verhafteten Guy Allain im Dezember 1943 im westfranzösischen Saint-Brieuc gemeinsam mit 18 Schulkameraden. Die Jungen waren Teil der Widerstandsgruppe Front Uni des Jeunes Patriotes. Bei einer Razzia war im Haus eines Mitglieds die Waffe eines deutschen Unteroffiziers gefunden worden, der einige Tage zuvor erschossen worden war.

Brigittes Cousin Francis erinnert sich, dass auch die Eltern der Gymnasiasten für eine Weile verhaftet wurden. „Besonders die Väter, um Eindruck zu machen“. Auch Guys Vater ist unter ihnen. Drei der Jungen werden erschossen, acht deportiert. „Mein Vater hat nie darüber gesprochen“, erzählt Guys Tochter Brigitte. Aber die Zeit im Konzentrationslager hat Guy Allain körperlich und seelisch gezeichnet. „Nach seiner Befreiung ging er für sechs Monate in die Schweiz, um sich behandeln zu lassen.“ In einer Vereinigung ehemaliger Deportierter in Paris erhielt er psychologische Unterstützung. Als er jünger war, bekam er häufig Wutanfälle. Dennoch sagte Guy Allain, dass er es nie bereut habe, im Widerstand gewesen zu sein.

Guy Allain erhielt die Häftlingsnummer 30684. Er musste Zwangsarbeit für die Firma Volkswagen leisten. Eine der wenigen Geschichten, die der Vater erzählte, lässt das Grauen erahnen, das er im Lager durchlebte: „am Ende ihrer Gefangenschaft hatten sie in Neuengamme einen Hund getötet, um ihn zu essen. Das ganze Lager wurde dafür bestraft.“

Mit Hilfe der Association des amis de la Fondation pour la mémoire de la deportation konnte der ITS Brigitte ausfindig machen und ihr das Portemonnaie und seinen Inhalt zurückgeben. Guy Allains Neffe Francis muss lächeln, als er die Bilder sieht: “Kleine Figuren zeichnen, das hat er sein ganzes Leben lang getan, wenn er in einem Treffen war…”. Nun plant Brigitte, diese Objekte dem Museum der Association des amis de la Fondation pour la mémoire de la déportation de Côtes-dArmor zu spenden. „Es ist besser, dass sie dort sind, als verloren“.

 

 

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