Gemeinsam mit Vereinen, Initiativen und Stiftungen setzen sich die Arolsen Archives für eine aktive Erinnerungskultur ein. Kooperationen wie die zum Konzentrationslager Ohrdruf zeigen, wie aus dieser Zusammenarbeit innovative Lern- und Erinnerungsprojekte entstehen können ‒ durch den Einsatz digitaler Medien und mit aktiver Beteilung junger Menschen.

Die Kooperation

Im Mai 2022 startete die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha das Erinnerungsprojekt „Deutsche Erinnerungslücke KZ Ohrdruf“, an dem die Arolsen Archives sowie die Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora beteiligt sind. Im Rahmen des Projekts entsteht ein virtueller Erinnerungsort für die Opfer des südlich von Gotha gelegenen Lagers. Dazu zählen das digitale Bildungsmodul Suspekt, Workshops und Kampagnen. 

Initiator des Schulprojekts ist Christoph Mauny, Bildungsreferent an der Weimarer Mal- und Zeichenschule. Im Januar 2024 wurde er für dieses und andere Erinnerungsprojekte mit dem Obermayer Award ausgezeichnet. Er arbeitet weiterhin mit den Arolsen Archives zusammen an der Entwicklung und Ausrichtung von Workshops in Thüringen.

 

KZ Ohrdruf-Listen im Online Archiv

Mit Unterstützung von Freiwilligen gelang es, die Geschichten der Menschen, die in das Lager Ohrdruf verschleppt wurden, sichtbar zu machen und „Erinnerungslücken“ zu schließen. Im Rahmen einer Erinnerungswoche im Frühsommer 2023 wurden Dokumente mit insgesamt 30.160 Namen von Häftlingen aus dem KZ Ohrdruf digitalisiert. Die Informationen auf den Listen wurden damit erstmals online durchsuchbar. Schulen, Vereine, Jugendtreffs und Unternehmen waren eingeladen, die Daten in die Crowdsourcing-Plattform #everynamecounts einzugeben.

Thüringer Erinnerungswoche

Suspekt: Landschaft der Verbrechen

Das digitale Lernmodul „Suspekt: Landschaft der Verbrechen“ macht Spuren der NS-Verbrechen sichtbar. In einer virtuellen Tour lernen Nutzer*innen einige der oft unbekannten Außenlager des KZ Buchenwald zwischen Nordrhein-Westfalen und Sachsen kennen. In 360°-Ansichten erkunden sie das ehemalige KZ-Gelände Ohrdrufs und setzen sich anhand von Fotos, Zitaten und Biografien mit der Geschichte auseinander. Das Minigame, das in unserem Bildungshub „und heute?“ veröffentlicht wird, regt dazu an, die Spuren der Geschichte in der Gegenwart zu entdecken.

Zum Minigame

Johnny & Jones – verschleppt ins KZ Ohrdruf

Ein Beispiel für ein Haftschicksal aus dem KZ Ohrdruf ist die Geschichte des Jazz-Duos „Johnny & Jones“. Die jüdischen Musiker Max Kannewasser und Arnold van Wesel begeisterten Mitte der 1930er Jahre das Publikum in ihrer Heimatstadt Amsterdam. Als die deutsche Wehrmacht die Niederlande im Mai 1940 besetzte, durften die Musiker ab 1941 nicht mehr auftreten. 1943 inhaftierten die Nazis sie im Durchganglager Westerbork, wo sie Zwangsarbeit verrichten mussten. Nach elf Monaten wurden sie ins Ghetto Theresienstadt, später nach Auschwitz und ins KZ Ohrdruf deportiert. Beide überlebten die KZ-Haft nicht.

Mehr über Johnny & Jones

Das KZ Ohrdruf

Das Konzentrationslager Ohrdruf war das erste von über 130 Außenlager Buchenwalds, das die US-Armee 1945 befreite. Im US-amerikanischen Gedenken an die NS-Verbrechen ist Ohrdruf daher fest verankert, während das KZ in Deutschland selbst in der Region weitgehend unbekannt ist. Von November 1944 bis April 1945 durchliefen rund 20.000 Häftlinge aus verschiedenen europäischen Ländern das Lager. Sie mussten Zwangsarbeit im nahegelegenen Jonastal leisten und waren gezwungen, täglich bis zu 12 Stunden lang Schwerstarbeit zu leisten, um Stollen in den Berg zu graben. Etwa 7.000 Häftlinge starben. Die Fotos aus dem befreiten Lager stehen in den USA heute symbolisch für die Nazi-Gräuel.

Zum historischen Überblick

Das Modul „Suspekt: Landschaft der Verbrechen“ wird finanziert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen des Projekts „Open Friedenstein!“ der Friedenstein Stiftung Gotha.

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