In der Nacht zum 9. Mai 1945 unterzeichnete Nazi-Deutschland die bedingungslose Kapitulation, am gleichen Tag befreite die Rote Armee das Konzentrationslager Stutthof. Anlässlich des 76. Jahrestages veröffentlichen die Arolsen Archives nun gemeinsam mit dem Muzeum Stutthof w Sztutowie eine #StolenMemory Online-Ausstellung, die das Schicksal von Häftlingen dieses Lagers in den Mittelpunkt stellt.

Bereits einen Tag nach dem Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen am 1. September 1939 richteten die deutschen Besatzer das Konzentrationslager Stutthof innerhalb der Grenzen der Freien Stadt Danzig ein. Zuerst inhaftierten sie in dem Lager vor allem Polinnen und Polen aus der Region. Später verschleppten die Nationalsozialisten auch Menschen aus anderen Teilen Polens und dem besetzen Europa in das KZ Stutthof. Bis zur Befreiung waren etwa 110 000 Männer, Frauen und Kinder aus 28 Ländern in Stutthof inhaftiert. Etwa 65 000 von ihnen wurden ermordet. Die meisten Gefangenen stammten aus Polen, der Sowjetunion und dem Deutschen Reich. Bei ihrer Inhaftierung mussten die Menschen alle ihre persönlichen Gegenstände – selbst Eheringe oder Familienfotos – abgeben.

Persönliche Gegenstände der Häftlinge aus Stutthof

Die SS verschleppte viele der Häftlinge aus Stutthof später in das KZ Neuengamme. Ihre persönlichen Gegenstände wurden mitgeschickt. Durch einen Zufall wurden einige Tausend dieser sogenannten „Effekten“ erhalten und gelangten später in die Sammlung der Arolsen Archives. Die #StolenMemory Online-Ausstellung erzählt die Geschichten von 20 Menschen, deren letzte Erinnerungsstücke so ihren Weg in das Archiv fanden. Die Familien von sechs dieser Häftlinge des KZ Stutthof konnten die Arolsen Archives finden. Die übrigen 14 Familien werden noch immer zur Rückgabe der gestohlenen Erinnerungsstücke gesucht.

#Gefunden: Franciszek Czaplicki und Wiesława Brzyś

Während der Vorbereitung der Online-Ausstellung erreichte die Suchabteilung der Arolsen Archives eine unerwartete Nachricht: Die Familie von Franciszek Czaplicki, der einer der #Gesucht-Fälle in der Ausstellung sein sollte, meldete sich im Archiv und bat um Informationen zu dem verschollenen Großonkel. Dank dieser Kontaktaufnahme gelangt Franciszek Czaplickis Taschenuhr zurück in die Hände seiner Familie – und die Ausstellung wurde um eine weitere Rückgabe-Geschichte bereichert.

 

Franciszek Czaplicki mit seiner Frau Stefania. Sie heirateten 1930 in Warschau.

Eine dieser Rückgabe-Geschichten ist die von Wiesława Brzyś‘ Schmuck. Wie Czaplicki und mehrere andere Personen aus der Ausstellung wurde die junge Frau verhaftet, als die deutschen Besatzer weite Teile der zivilen Bevölkerung Warschaus während des Warschauer Aufstandes im Sommer 1944 als Vergeltungsmaßnahme aus der Stadt trieben und deportieren ließen. Die Arolsen Archives fanden ihre Tochter Wanda Jaroszyńska in Polen und haben ihr den Schmuck ihrer Mitter zurück. Im Interview spricht sie darüber, was diese Rückgabe für sie bedeutet.

 

Online-Ausstellung

Aufgrund der andauernden Corona-Pandemie wird die gemeinsame #StolenMemory Ausstellung mit dem Muzeum Stutthof w Sztutowie vorerst als Online-Ausstellung gezeigt. Anna Meier-Osiński, Organisatorin der Ausstellung, ist froh darüber, das Projekt nun so realisieren zu können: „Wir kooperieren eng mit dem Muzeum Stutthof w Sztutowie – auch bei der Initiative #everynamecounts. Deshalb ist es mir ein persönliches Anliegen, diese #StolenMemory Ausstellung der Öffentlichkeit zu zeigen. Die Geschichten der Verfolgten sind sehr bewegend. Wir hoffen sehr, dass wir  dank der Ausstellung gemeinsam mit den Kolleg*innen des Muzeum Stutthof w Sztutowie weitere persönliche Gegenstände an die Familien zurückgeben können.“

Zusätzlich zu der Online-Ausstellung werden Teile des Bildungsmaterials zu #StolenMemory auf Polnisch veröffentlicht und können so, zum Beispiel für die Projektarbeit mit Jugendlichen, genutzt werden. Zukünftig wird hoffentlich auch eine #StolenMemory Ausstellung vor Ort in der KZ-Gedenkstätte Stutthof möglich sein.

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