Displaced
Persons in Arolsen nach
1945
Wer waren die Menschen, die nach Zwangsarbeit oder KZ-Haft in Arolsen lebten und für die Alliierten arbeiteten? Und wie gestalteten sie nach Jahren der Verfolgung und des Krieges ihren Alltag? Ein neuer Band aus der Reihe „Fundstücke“ gibt am Beispiel ausgewählter Dokumente Einblick in die Geschichte der Displaced Persons, die bei den Vorgängerinstitutionen der Arolsen Archives an der Suche nach Vermissten und der Dokumentation von Schicksalen mitwirkten.
Nicht nur Millionen Unterlagen über die Opfer und Überlebenden der NS-Verfolgung kamen nach 1945 nach Arolsen, sondern auch Betroffene selbst: Als Displaced Persons (DPs) lebten in der Nachkriegszeit zeitweise über 1000 Personen in der Region. Die meisten hatten KZ-Haft und Zwangsarbeit hinter sich. In ganz Europa lebten zu dieser Zeit viele Millionen DPs außerhalb ihrer Herkunftsländer und benötigten Unterstützung bei der Rückkehr in ein selbstbestimmtes Leben. Allein in der US-amerikanischen Besatzungszone gab es 1946 mehr als 450 DP-Camps. Das Camp in Arolsen wurde eigens eingerichtet, um das Personal für den Suchdienst unterbringen zu können.
»[Die] Arbeiten erstrecken sich auf das Einsortieren von Karten mit slawischen Namen in die alphabetisch-phonetischen Karteien, auf die Auslegung und Übersetzung von Unterlagen aus dem Osten und auf genaue Kenntnisse der Schreibstubenarbeiten, die in den Zwangsarbeitslagern und Konzentrationslagern durchgeführt wurden. Hinzu kommen noch Übersetzungen von Anfragen in slawischen Sprachen.«
Hugh G. Elbot, Vorsitzender der ITS-Leitung im Mai 1952
Neben einer Auswahl von Dokumenten aus dem Archiv beschäftigen sich drei Aufsätze mit dem Thema: Christian Höschler, stellvertretender Leiter der Abteilung Forschung und Bildung bei den Arolsen Archives, liefert einen Überblick zur Geschichte der DPs im Nachkriegseuropa sowie zum Forschungsstand. Isabel Panek, wissenschaftliche Mitarbeiterin, informiert über die Herkunft der DPs, ihre Unterbringung, Versorgung sowie das alltägliche Leben und die weiteren Lebenswege. Silke von der Emde, Associate Professor of German Studies am Vassar College in Poughkeepsie, New York lenkt schließlich den Blick auf die Rolle von DPs beim Aufbau des Archivs sowie der Suchaufgabe und Auskunftserteilung. So ergänzt dieser Band die Inhalte der 2019 eröffneten Dauerausstellung „Ein Denkmal aus Papier“.
In dem Band werden auch einzelne Biografien vorgestellt, zum Beispiel die von Eduard Muszynski, der als „politischer Pole“ verfolgt wurde. Bis Frühjahr 1945 war er Häftling im Buchenwalder Außenlager Arthur, das sich von 1943 bis 1945 auf dem Arolser Kasernengelände befand. Kurz vor Kriegsende wurde das Außenlager geräumt. Auf dem Transport in Richtung des KZ Flossenbürg gelang ihm die Flucht. Nach Kriegsende kehrte er nach Arolsen zurück, weil er nicht wusste, wohin er sonst gehen könnte. Dort heiratete Eduard Muszynski 1946 die als „Halbjüdin“ verfolgte Rosemarie Voigt. Das Paar wanderte drei Jahre danach mit einer kleinen Tochter nach Australien aus, Eduard Muszynski hatte vorher beim ITS gearbeitet.
Dieser Band setzt – im angepassten Erscheinungsbild der Arolsen Archives – die bereits bekannte Reihe der „Fundstücke“ fort. Das Buch ist zum Preis von 9,90 Euro auf Deutsch ab dem 29. Oktober 2019 erhältlich. Es kann über die E-Mail-Adresse id@arolsen-archives.org bestellt werden. Eine digitale Version kann auf Deutsch oder Englisch von der Website der Arolsen Archives heruntergeladen werden. Alle neuen Publikationen der Arolsen Archives werden kostenlos als Downloads zur Verfügung gestellt.