Detektivarbeit im Auftrag der Erinnerung
Über 2.500 Umschläge mit persönlichen Gegenständen – sogenannte Effekten – von ehemaligen KZ-Häftlinge aus ganz Europa bewahren die Arolsen Archives noch auf. Unsere Aufgabe ist es, den Familien der Verfolgten diese Erinnerungsstücke zurückzugeben. Das Engagement und die Landeskenntnisse zahlreicher Freiwilliger machen die Suche vor Ort schneller und effizienter. Dank ihrer Hilfe konnten wir auch 2020 wieder mehr als 100 Familien aufspüren.
„Dass es diese Gegenstände überhaupt noch gibt und dass sogar einige Sachen von Häftlingen aus meinem Land darunter waren, hat mich total überrascht“, sagt Gøril Grov Sørdal. Die Fernsehredakteurin aus Norwegen hatte die Arolsen Archives im Sommer 2019 für eine Recherche besucht. Wir zeigten ihr auch die Effekten von rund 30 norwegischen Häftlingen. Mit ihrem Team und der Unterstützung unserer Mitarbeiter*innen machte sich Gøril in ihrer Heimat auf die Suche nach den Nachkommen der Verfolgten. Im Laufe des Jahres 2020 fand sie alle Familien. Viele von ihnen suchte sie auch persönlich auf, um die Sachen zurückzugeben.
« Die Familien von den Effekteneigentümern können wir nicht nur vom Schreibtisch aus aufspüren. Ich bin für die Suche in Frankreich, Belgien, Luxemburg, Niederlande und Spanien zuständig. Durch die Zusammenarbeit mit den Freiwilligen vor Ort kann ich fast überall gleichzeitig sein! »
Nathalie Letierce-Liebig, Tracing-Mitarbeiterin bei den Arolsen Archives
Über 100 Rückgaben pro Jahr
Nicht nur Journalist*innen wie Gøril, sondern auch Historiker*innen, Hobbyforschende, Schüler*innen und Studierende helfen den Arolsen Archives bereits seit Jahren bei der Rückgabe von Effekten an Angehörige. Durch Kampagnen wie #StolenMemory, aber auch dank der steigenden Bekanntheit unseres Online-Archivs melden sich Jahr für Jahr mehr Freiwillige bei uns, die bei der Suche unterstützen wollen. Dank Ihnen werden wir es schneller schaffen, alle Effekten zurückzugeben.
Viele Aktive in Polen
Ein großer Teil der ehemaligen KZ-Häftlinge, deren Effekten wir noch aufbewahren, kamen aus Mittel- und Osteuropa, insbesondere aus Polen. Deshalb haben wir dort in den letzten Jahren verstärkt nach Freiwilligen gesucht. Der Hobby-Historiker Maciej Gaszek und seine Mitstreiter haben beispielsweise schon sehr viele Familien gefunden. Sie stehen auch neuen Freiwilligen in Polen beratend zur Seite – zum Beispiel den Jugendlichen des Konarski Lyceums in Oświęcim. Die Schüler suchen Angehörige im Rahmen des Projekts #StolenMemory in Zusammenarbeit mit der IJBS Oświęcim/Auschwitz. Seit Sommer 2020 haben sie schon fünf Familien gefunden und teils auch persönlich getroffen, um die Effekten zurückzugeben:
»Die Begegnung mit der Nichte des ehemaligen KZ-Häftlings Stefan Baster war für uns emotional und unvergesslich.«
Schüler aus Oświęcim/Auschwitz